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Serie: Das Pferd von innen

Der Magen: Das Sensibelchen

Der Magen des Pferdes ist nach dem Maul die erste Verdauungsstation für Futter. Hier herrschen strenge Spielregeln. Werden sie nicht eingehalten, zeigt sich der Magen von seiner empfindlichen Seite.

Acht bis 15 Liter fasst der Magen eines 500 Kilogramm schweren Pferdes durchschnittlich.

Der Futter-Ballon

Wie eine Bohne geformt ist der Magen. Man kann ihn sich vorstellen wie einen Ballon mit zwei Ausgängen, im leeren Zustand hat er in etwa die Größe einer kleinen Wassermelone. Acht bis 15 Liter fasst der Magen eines 500-Kilo-Pferdes. „Das sind nur zehn Prozent des gesamten Inhalts des Magen-Darm-Trakts. Auf das ganze Pferd gerechnet, ist der Magen eher klein“, findet Dr. Angelika Schoster von der Pferdeklinik der Universität Zürich. Je nach Füllungszustand dehnt sich der Magen aus. Bei einer Menge von 25 Liter sieht die Tierärztin eine kritische Grenze, ab da könne er platzen. „Das ist eine unserer größten Sorgen bei Kolikpferden“, sagt sie.

Gut versteckt

Der Magen befindet sich in etwa auf Höhe des 15. Brustwirbels und liegt tendenziell auf der linken Seite.

Warum Pferde nicht erbrechen ...

„Das Pferd hat am Mageneingang einen Schließmuskel, der sich öffnet, wenn das Futter von der Speiseröhre kommt. Er lässt das Futter hinein, aber nie mehr zurück. Das Pferd kann deshalb nicht erbrechen“, erklärt Dr. Schoster.

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Auf der Durchreise

Futter hält sich im Magen der Pferdes nicht lange auf. „Das Pferd ist von Natur aus darauf eingerichtet, dass es den ganzen Tag durchgehend frisst. In seinem kleinen Magen wird nur angefangen zu verdauen, der Magen säuert an und transportiert schnell weiter“, erklärt Dr. Angelika Schoster die größte Besonderheit des Pferdemagens. Zwischen ein bis fünf Stunden bleibt das Futter im Magen, ehe es durch den „Magenpförtner“ genannten Muskel in den Darm weitergeschoben wird. Je besser das Futter eingespeichelt ist, desto schneller kann der Brei weitergeleitet werden. Fresspausen von mehr als vier Stunden sind für das Pferd ungesund, weil sein Magen völlig anders funktioniert als der des Menschen, der auf drei bis fünf größere Mahlzeiten ausgelegt ist. Für das Pferd ist solch ein Speiseplan ein Problem, möglichst viele kleine Portionen sind besser.

Desinfektion

Was steckt drin in der Magensäure? Salzsäure, Schleim, Lipase, Pepsin. Der Magensaft durchsäuert das Futter. Je lockerer und klumpenfreier dieses ist, desto besser für diesen ersten Verdauungsschritt. Bakterien und Krankheitserreger werden im Magen abgetötet, Eiweißbausteine zerkleinert.

Zweiteilung

Betrachtet man den Pferdemagen von innen, stellt man fest: Er besteht aus zwei großen Teilen. Der untere Teil ist mit einer Drüsenschleimhaut ausgekleidet, hier werden die Magensäfte produziert. Im oberen Teil ist der drüsenlose Bereich der Magenschleimhaut. Der Querschnitt im Labor zeigt: „Die Drüsenschleimhaut ist eher rötlich, weil sehr gut durchblutet. Der andere Teil der Schleimhaut kommt einem eher weißlich vor und man sieht den Verlauf der Blutgefäße an der Oberfläche“, beschreibt Dr. Schoster den Blick ins Innere.

Die 24-Stunden-Produktion

Ein Pferd stellt ununterbrochen Magensäfte her. Auf 30 bis 60 Liter kommt ein ausgewachsenes Großpferd in 24 Stunden, eine Riesenmenge! Zum Vergleich: Der Mensch produziert täglich zwei bis drei Liter.

Magenplagen

Das Magengeschwür ist die häufigste Magenerkrankung beim Pferd. Die ersten Anzeichen: Nach dem Fressen zeigen die betroffenen Pferde Schmerzsymptome, manche legen sich in die ruhige Seitenlage, flehmen, knirschen mit den Zähnen, treten gegen den Bauch oder schauen sich um. Auch stumpfes Haarkleid und immer wiederkehrende Koliken deuten auf ein Magengeschwür hin. „Manche Pferde verstopfen sekundär. Sie wollen kein Wasser mehr trinken, weil es im Magen wehtut“, erklärt Dr. Schoster.

Das Magengeschwür ist eine multifaktorielle Erkrankung: „Es hängt sicherlich mit der Fütterung zusammen, mit Stressfaktoren, mit dem Rang in der Gruppe. Manche Pferde sind aber auch einfach anfälliger als andere“, erklärt die Tierärztin aus Zürich. Man müsse mehrere Faktoren in Erwägung ziehen und diese entsprechend optimieren.

Voller Magen mag keinen Sport

Es gilt die alte Schwimmbadregel: direkt nach dem Essen nicht ins Wasser springen! Das gilt auch fürs Pferd – in abgewandelter Form. „Das Kraftfutter regt die Magensäurebildung an. Wenn ich dann mit dem Pferd Sport mache, wird die Magensäure im gesamten Magen herumgeschleudert und erreicht dadurch noch viel größere Areale, die sie angreifen kann. Eine halbe Stunde nach einer größeren Kraftfuttergabe sollte man deshalb sicherlich nicht galoppieren“, erklärt Dr. Schoster. Besonders der drüsenlose Bereich des Magens und der Übergang zwischen den unterschiedlichen Schleimhaut-Bereichen reagieren empfindlich auf Magensäure.

Der Artikel ist erstmals in der Mai-Ausgabe 2015 der Reiter Revue erschienen.