Superfoods füttern
Was bringen Algen, Chia-Samen und Co.?
Kennen Sie die Geschichte? Ein Urvolk lebt an einem entlegenen Fleck der Erde und soll viel seltener krank sein als die westlichen Erdbewohner. Sein Gesundheits-Trick: eine bestimmte Frucht oder Pflanze wie die Açai- oder Goji-Beere. Eine ganze Bandbreite solcher Nahrungsmittel sind heute als sogenannte Superfoods bekannt. Was sie gemeinsam haben? Superfoods sind Früchte oder Pflanzenbestandteile, die möglichst unbehandelt verzehrt werden. Sie trumpfen mit einer besonders hohen Konzentration an wertvollen Nährstoffen auf. Sie enthalten zum Beispiel deutlich mehr Antioxidantien oder Aminosäuren als andere Nahrungs- und Futtermittel. Zu den Superfoods zählen beispielweise Chia-Samen, Ingwer und Blaubeeren. Vor dem Hintergrund, dass Gras und Heu derzeit wesentlich weniger Vitalstoffe enthalten sollen als noch vor zwanzig Jahren, wäre es sicher ratsam, dem Pferd mit Superfoods etwas Gutes zu tun, oder? Aber was bewirken Superfoods beim Pferd tatsächlich? Die Ernährungsberaterin für Pferde Dr. Heike Maroske unterstützt die These der geringeren Vitalstoffe in Heu und Gras. Darunter verstehe man Mineralstoffe, Vitamine, Spurenelemente, Fettsäuren und essentielle Aminosäuren. Die Armut an Vitalstoffen liege an der Umweltbelastung, saurem Regen und Neuzüchtungen von Gräsern, erklärt Dr. Maroske.
Nährstoffe gesucht
Prof. Dr. Ellen Kienzle von der Ludwigs-Maximilians-Universität München steht der These hingegen skeptisch gegenüber. Aus den vergleichenden Untersuchungen sei das nicht herauszulesen. An einigen Nährstoffen bestünde schon immer Mangel, meint sie. In Deutschland sei der Boden sehr selenarm, vor allem in Bayern. Während Menschen sich von Natur aus sehr vielseitig ernähren, sind in der Pferdenahrung Gräser der Hauptbestandteil. Die Idee, Vitalstoffmängel, ob über die Zeit entstanden oder seit jeher da, über die Fütterung auszugleichen, liegt nahe. Prof. Kienzle glaubt allerdings nicht an die positive Wirkung der Superfoods im Trog. Sie rät zur Vorsicht bei außergewöhnlichen Futtermitteln: „Es gibt nichts, was ein Pferd über sich hinauswachsen lässt, nur vieles, das es ausbremst. Das heißt nicht, dass Superfoods alle nichts bringen. Aber sie können nur etwas bewirken, wenn die Grundernährung stimmt.“ Und die besteht zum größten Teil aus Heu. „Gutes Heu ist der Schlüssel zur Pferdegesundheit“, betont Tierärztin und Fütterungsexpertin Dr. Dorothe Meyer. Weitere Knackpunkte: Die Menge an Raufutter muss stimmen, passende Mineralstoffpräparate müssen zugefüttert werden und sauberes Wasser muss zur Verfügung stehen. Stimmen die Grundkomponenten, können Superfoods den Speiseplan abrunden. Meyer erklärt die richtige Herangehensweise: „Nicht mit Algen entgiften, sondern lieber dafür sorgen, dass gar kein Gift ins Pferd gelangt.“ Ob die Fütterung zum Pferd passt, kann eine Beratung klären. Dabei wird die Ration für das Pferd berechnet, von welchen Nährstoffen es genug bekommt, womit es überversorgt wird und ob ein Präparat das richtige für das Pferd ist. „Fast immer kommt dabei heraus, dass weniger Sachen gefüttert werden müssen“, erzählt Ellen Kienzle. Futtermittelhersteller und unabhängige Firmen bieten die individuellen Beratungen an.
Achtung ist geboten
Selbst, wenn ein Mangel festgestellt wird, kommt es nicht nur auf das ergänzende Produkt an, sondern auch auf Aufbereitung, Dosierung und Fütterungszeitraum. Die Futterverwertung im Körper funktioniert bei Pferden anders als bei Menschen. Der Magen-Darm-Trakt von Pferden ist wesentlich sensibler. Deswegen ist teilweise auch eine andere Zubereitung der Superfoods nötig. Ernährungsberaterin Maroske gibt als Beispiel die Fütterung von Leinsamen. „Wenn ich Leinsamen als Ganzes mit Schale einsetze, kann das Pferd nicht an Nährstoffe wie Amino- und Fettsäuren kommen. Er muss geschrotet werden. Nur dann kann der Körper etwas damit anfangen.“ Superfoods können für das Pferd auch problematisch werden. Viele von ihnen enthalten Zucker, unter anderem Rote Beete und Honig. „Sie dürfen auf keinen Fall an Pferde mit Hufrehe oder Metabolischem Syndrom verfüttert werden“, warnt Dr. Heike Maroske. Superfoods sind nur die kleinen Snacks für zwischendurch. „Auf keinen Fall dürfen sie Tierarztbesuche ersetzen“, warnt Ellen Kienzle. Weil für die meisten Superfoods nicht erforscht ist, welche Nebenwirkungen sie hervorrufen, sollten sie nicht durcheinander gefüttert werden. Das birgt die Gefahr von Wechselwirkungen. Welche Superfoods sich für Pferde eignen, lesen Sie auf den folgenden Seiten.
Der Superfoods-Check
Was ist empfehlenswert? Was gehört nicht in den Trog?