Deutsche Meisterschaften 2023
Balve: Jessica von Bredow-Werndl und Dalera – Tanz zu Kür-Gold
Balve – Es fühlte sich an wie eine Zeitreise: Das proppenvolle, ländlich angehauchte Dressurstadion von Balve und die Kür von Jessica von Bredow-Werndl zu den französischen Klängen von Édith Piaf. Mehr Eleganz, mehr Tradition und mehr Dressurflair geht eigentlich nicht. Und mehr Niveau ging auch nicht beim Blick auf das, was Jessica von Bredow-Werndl mit ihrer Trakehner Stute Dalera BB zelebrierte. Pure Leichtigkeit in allen Lektionen. Zum zehnten Mal ist es den beiden gelungen, die 90-Prozent-Marke zu knacken. „Ich bin heute extrem kurz abgeritten, exakt zwölf Minuten plus Schritt. Ich wollte einfach eine sichere, lockere Runde reiten“, sagte die 37-Jährige, die draußen auf dem Abreiteplatz neben allen Gratulanten, vor allem erst mal ihre Tochter Ella in den Arm nehmen wollte. Katrina Wüst war eine der fünf Richterin in der Grand Prix Kür heute und kommentierte im Nachhinein in Richtung Siegerin: „Dass du eine lockere Runde reiten wolltest, haben wir bis zur ersten Piaffe gesehen. Aber danach hat man gemerkt, dass du hier auf 90-Prozent reiten möchtest“, sagte sie und die Ertappte konnte dem nur hinzufügen, der Faden dürfe ja auch nicht abreißen.
Spannend war die Entscheidung um Silber und Bronze – namentlich: Ingrid Klimke oder Frederic Wandres. Klimke legte mit ihrer schmissigen Gute-Laune-Kür und einem bestens gestimmten Franziskus FRH vor. Highlights waren ganz sicher die frischen und frechen Trab- und Galoppverstärkungen, aber auch die guten Passagen, die Traversalen immer im Gleichmaß und natürlich der Abschluss einhändig zum Schlussgruß. Wermutstropfen: teure Fehler in den Zweierwechseln und ein kleiner Fehler in den Einern, die sie wieder ausglich. Am Ende kam sie auf 80,650 Prozent. Aber auf welche Medaillenfarbe?
Frederic Wandres ritt als vorletzter Starter ins Viereck, saß heute im Sattel von Bluetooth OLD. Die beiden starteten stark, präsentierten sehr gesetzte Piaffen, überzeugten im starken Trab und den Traversalen. Und auch bei ihm waren die Einerwechsel nicht in Gänze durchgesprungen, in den Zweierwechseln ein klarer Fehler, den Wandres auf der Jokerlinie ausglich. Ein paar kleine stockende Momente kamen bei der ansonsten sehr starken Kür hinzu – was aber auch dem geschuldet sein könnte, dass Wandres noch gestern Abend seine Choreografie ein wenig aufpimpte, „sicherlich nicht zur Freude der Organisatoren“, wie er zugab. Am Ende entschieden die Richter, dass Silber an den Bereiter des Hofes Kasselmann gehen würde. 81,775 Prozent das Ergebnis. Bronze ging somit an Ingrid Klimke – und an beide das Ticket für den Nationenpreis in Aachen. Dort werden sie mit Jessica von Bredow-Werndl mit Dalera und Isabell Werth mit Quantaz in einer Mannschaft antreten.
Doch das Podium sorgte heute nicht allein für Furore. Das war auch noch die Viertplatzierte: Katharina Hemmer, Bereiterin auf dem Fleyenhof bei Hubertus Schmidt, bei dem sie auch schon ihre Ausbildung absolviert hat. Sie wurde heute als beste Newcomerin in Balve ausgezeichnet. Sie ritt zu Klängen von Herbert Grönemeier und zeigte heute wie an den Tagen zuvor eine Runde voller Gleichmaß und feinen Hilfen. Erst im Januar hatte sie Denoix von ihrem Chef übernommen und auch wenn heute in ihrer ersten gemeinsamen Kür noch ein Fehler in den Einerwechseln drin war und die Piaffepirouette am Ende noch nicht ganz sicher – es war vor allem feines Reiten. Die beiden sind ein Paar und eine Reiterin, die man sich merken muss. Heute konnten sie sich mit 79,30 Prozent über Platz vier freuen, knapp am Treppchen und an der 80-Prozent-Marke vorbei. „Das Pferd ist sehr gut ausgebildet, Katharina hat schon ihre Ausbildung bei Hubertus gemacht und ich bin froh, dass Hubertus sie weiter mit diesem Pferd begleitet“, sagte Bundestrainerin Monica Theodorescu. „Viel mehr als hier in Balve ging nicht. Sie hat wirklich starke Nerven und lacht immer.“ Auch sie wird man in Aachen wiedersehen, in der CDI-Tour.