CHIO Aachen 2022
Des Beckers beste Reiter – Team Deutschland gewinnt Nationenpreis
Aachen – Gänsehaut pur bekam man im Hauptstadion des CHIO Aachen ja schon häufig während des Nationenpreises. Heute noch mehr. Trotz der Abkühlung, die der Wettergott nach einem heißen Tag in der Aachener Soers zu Beginn der Prüfung in Form von Regen bereithielt, brannte die Bude. Die Zuschauer feierten auf den Tribünen die internationalen Springreiter – und besonders die des deutschen Teams: Jana Wargers, Christian Kukuk, Janne Friederike Meyer-Zimmermann und Europameister André Thieme wurden förmlich ins Stadion getragen. Und die Mannschaft lieferte ab.
Der erste Umlauf: Einstand nach Maß für Beckers Bande
Allen voran: Jana Wargers. Sie brachte mit ihrem Holsteiner Limbus-Cambridge-Sohn Limbridge das Team um Bundestrainer Otto Becker in eine gute Ausgangslage – sie ritt auf Sicherheit, die Stangen blieben liegen, lediglich ein Zeitfehler kassierte sie im ersten Umlauf. Christian Kukuk kam mit seinem Schimmel Mumbai nicht ganz glücklich in die dreifache Kombination am Ende des Parcours, verbuchte dort zwei Hindernisfehler. Janne Friederike Meyer-Zimmermann aber brachte das Team mit einer souveränen Runde im Sattel von Messi van’t Ruytershof wieder auf Kurs und auch die Europameister André Thieme und DSP Chakaria blieben fehlerfrei. Damit lag die deutsche Mannschaft nach dem ersten Umlauf gemeinsam mit den Schweizern (Steve Guerdat, Bryan Balsiger, Pius Schwizer, Martin Fuchs) auf dem ersten Rang vor Belgien und Großbritannien.
Der zweite Umlauf: Thieme kann Chakaria schonen
Jana Wargers unterlief ein Hindernisfehler mit Limbridge. Christian Kukuk, der im ersten Umlauf schon ein gutes Gefühl hatte, lieferte nun die zum Gefühl passende fehlerfreie Runde ab. „Mumbai hat gezeigt, was er aus dem ersten Umlauf gelernt hat, es war einer seiner besten Runden“, sagte Kukuk später. Janne Friederike Meyer-Zimmermann setzte mit einen weiteren tadellosen Ritt nach. Die Belgier hatten zwischenzeitlich aufgeholt, Schlussreiter Gregory Wathelet hätte nun mit einer fehlerfreien Runde den deutschen Schlussreiter André Thieme unter Druck setzen können. Doch ausgerechnet am Ende des Parcours unterliefen Wathelet und seinem Schimmelhengst Nevados ein Hindernisfehler. Die Schweizer waren auf den vierten Rang zurückgefallen und so musste Thieme gar nicht mehr in den zweiten Umlauf reiten. Er verzichtete, um seine Chakaria zu schonen. So gewann das deutsche Team nach 2018 wieder den Nationenpreis in Aachen vor Belgien und Großbritannien.
Janne & Messi – „wie ein altes Ehepaar“
Mehr als glücklich war Janne Friederike Meyer-Zimmermann. Sie ist nach ihrer Babypause bärenstark in den Turniersport zurückgekehrt, reitet weiter auf der Erfolgswelle und bestätigte mit Messi einmal mehr ihre Top-Form. „Ich werde oft darauf angesprochen, woher ich dieses neue Pferd habe, aber tatsächlich hab ich ihn schon seit er fünf ist, wir sind wie ein altes Ehepaar. Ich kenne ihn in- und auswendig. Er sprang schon immer sehr gut, war sehr vorsichtig, aber auch sehr sensibel. Auf dem Abreiteplatz war er oft so schüchtern, dass ich die Prüfung doch nicht geritten bin. Aber er hat uns auch immer wieder gezeigt, welche Möglichkeiten er hat. Er ist ein Traumpferd für mich!“ Nach dem holprigen Comeback nach der Schwangerschaft zurück in den Sport (Reiter Revue berichtete) freut sie sich jetzt hier im Team reiten zu dürfen. „Ich bin die stolzeste Mutter der Welt.“
Für Jana Wargers und André Thime war es der erste Nationenpreis in Aachen – während die Reiterin von Limbridge schwärmte, „ich kann ihm einfach hundert Prozent vertrauen und er gibt mir jedes Mal ein so gutes Gefühl, ich bin einfach nur stolz auf ihn“ musste Thieme nicht weiter von seiner Goldstute Chakaria schwärmen. Das hat er schon oft getan. Dass er ein erfahrener Nationenpreisreiter ist, wusste er, deshalb hat er sich auch aktiv beim Bundestrainer beworben: Er würde schon sehr gerne in Aachen reiten. „Jetzt bin ich glücklich, dass ich das getan habe, aber die letzten zwei Tage habe ich mich gefragt, warum ich das gemacht habe. Denn es ist viel mehr Druck als man denkt. Und wenn du als letzter Starter einreitest und weißt, das Team braucht eine Nullrunde. Ich war also sehr glücklich mit meiner ersten Runde und noch mehr mit meiner zweiten.“ Sprach’s und hatte einmal mehr die Lacher auf seiner Seite. Auf André Thieme ist Verlass – mit seiner Chakaria im Parcours und als unterhaltsamer Gast in der Pressekonferenz.