Leseprobe: Ich sehe was du fühlst!
Die Blickschule: Was der Gesichtsausdruck des Pferdes verrät
Man sieht es uns am Gesicht an. Wenn wir müde sind, traurig, gestresst, nachdenklich, aber auch glücklich und zufrieden. Unsere Augen, die Falten auf der Stirn und rund um unseren Mund, die Form der Lippen – dies alles sendet Signale über unseren Gemütszustand. Und wer den Gesichtsausdruck seines Pferdes oder seines Hundes einmal genau beobachtet, wird feststellen, dass dies in der Welt der Säugetiere generell so funktioniert. Denn tatsächlich sind es kleine Veränderungen im Gesicht des Pferdes, die ein klares Stimmungsbild zeichnen. Pferdeverhaltensexpertin Andrea Kutsch hat mit ihrem Team über viele Jahre mithilfe von Forschungsarbeiten die wichtigsten Merkmale definiert, die jedem Menschen, der mit Pferden zu tun hat, Rückschlüsse darauf ermöglichen, was im das Pferd fühlt: sogenannte Ethogramme.
„Es sind mehr als 170 Illustrationen“, sagt Kutsch und macht damit deutlich, dass die Mimik des Pferdes viel mehr Details enthält, als wir Reiter häufig denken. Gleichzeitig variiert die Mimik von Pferd zu Pferd. Deshalb ist die Grundlage, um bei seinem Pferd den Gesichtsausdruck deuten zu können, einmal für sich zu erkennen, was der neutrale Blick ist, also die Mimik, die das Pferd zeigt, wenn es zufrieden ist: das „happy horse“. „In diesem Zustand ist es entspannt, aber aufmerksam. Beispielsweise, wenn es mit seinem Kumpel auf dem Paddock steht oder sein Reiter kommt und ein paar Möhren vorbeibringt“, erklärt die Expertin. In solch einem Moment sollte der Reiter sich das Gesicht seines Pferdes einmal genau anschauen. Denn hier erkennt er, wie die Augenform seines Pferdes im Normalzustand ist, ob es generell etwas Weiß im Auge hat, welche Falten sich im Gesicht des Pferdes abzeichnen. So kann er Veränderungen besser erkennen und diese dann deuten.