Serie: Pferde-Massage mit Josefa Sommer
Folge 1: Den Armkopfmuskel schütteln
Josefa Sommer ist international erfolgreiche Vielseitigkeitsreiterin, Physiotherapeutin für Mensch und Pferd und betreibt auf dem Gut Waitzrodt das Therapiezentrum GEKE Equivital. In unserer Serie zeigt sie Massagegriffe fürs Pferd zum Nachmachen! physiotherapie-sommer.de
Folge 1: Den Armkopfmuskel schütteln
Warum ist diese Stelle des Pferdekörpers oft beansprucht?
Der Armkopfmuskel des Pferdes kann durch falsches Reiten beansprucht sein. Beispielsweise wenn das Pferd dabei seinen Unterhals herausdrückt und den Hals statt in der gewünschten C- eher in einer S-Form trägt. Aber auch für gut gerittene Pferde ist es eine Wohltat, wenn man sich diesem Muskel zuwendet, denn der Armkopfmuskel ist der Vorführer der Schulter. Und die soll natürlich immer frei beweglich sein, damit das Pferd zum Beispiel in der Landungsphase einen guten Bewegungsspielraum hat und nicht blockiert wird. Das geht nur, wenn der Muskel locker ist. Der Armkopfmuskel hängt außerdem mit dem Genick des Pferdes zusammen. Also kann ein fester Armkopfmuskel auch auf Probleme im Genick hindeuten.
Wie funktioniert der Massagegriff?
Am besten tastet man sich heran, indem man den Muskel zunächst ausstreicht, auch um zu spüren, ob er verhärtet ist oder dem Pferd die Berührung unangenehm ist. Man kann zunächst gut mit Hautrollen beginnen. Dabei nimmt man die Haut über dem Muskel zwischen Daumen und Zeigefinger und zieht sie leicht nach oben. Ist das Pferd dabei entspannt, kann man ruhig zupacken, den Muskelbauch oberhalb der Schulter mit der Hand greifen und sanft massieren. So arbeitet man sich von unten nach oben, aber nur etwa bis zur Häfte des Halses. Denn je weiter man nach oben geht, desto weniger Muskelbauch ist vorhanden. Der Muskel geht vom Kopf bis zur Schulter. Man kann ihn in der Regel gut am Pferd orten. Ob der Muskel locker ist, kann man prüfen, indem man ihn greift und schüttelt. Lässt er sich gut schütteln und das Pferd ist dabei entspannt, ist er auch locker und beweglich.
Wie viele Wiederholungen braucht es?
Solange, bis der Muskel sich locker anfühlt und sich gut schütteln lässt. Dafür muss man ein Gefühl entwickeln. Bei festen Pferden dauert das eine Weile, bei Pferden, die weniger fest sind, geht das schneller. Wichtig: Beide Seiten massieren.
Wie häufig sollte man diesen Massagegriff anwenden?
Das kann man ruhig täglich machen. Wenn man sein Pferd jeden Tag gut beobachtet und abstreicht, bemerkt man kleine Veränderungen, wie Verhärtungen oder Schmerzreaktionen viel schneller und kann rechtzeitig handeln. Ich empfehle jedem Reiter, sein Pferd regelmäßig therapeutisch behandeln zu lassen. Mindestens halb-, besser noch vierteljährlich. Und nicht erst, wenn aus einem kleinen Problem bereits ein großes geworden ist. Wenn man ein langfristig gesundes Pferd möchte, gehört die Physiotherapie einfach dazu. Denn die Muskulatur bewegt das Skelett. Ist die Muskulatur fest, entstehen schnell Verletzungen.
Worauf muss man achten?
Generell muss man bei der Massage immer darauf achten, ob es dem Pferd angenehm ist. Bei jeglichem Abwehrverhalten sollte man sofort aufhören. Es kann nämlich auch sein, dass eine unterliegende Blockade dafür sorgt, dass der Muskel fest ist. Wer unsicher ist, sollte lieber abbrechen. Denn man kann einen Muskel durch falsche Massage auch kaputt machen. Solange das Pferd bei der Massage zufrieden und entspannt ist, kaut, vielleicht sogar döst, ist alles gut. Ohrenanlegen, Beißen oder Ausweichen sind immer Signale, die Massage abzubrechen und einen Profi dazuzuholen.
Welchen Effekt hat das Schütteln des Armkopfmuskels für das Pferd?
Der Muskel kommt zu seinem ursprünglichen, dynamischen Verhalten zurück, bei dem er sich an- und entspannt und dehnfähig ist. Ein strammer Muskel kann nur noch halten, aber nicht mehr elastisch sein. Dann werden Bewegungen steif und stumpf oder das Pferd zeigt Taktfehler. Hat der Reiter das Gefühl, das Pferd schwingt nicht, hat das oft mit strammer oder fester Muskulatur zu tun, für die natürlich auch Blockaden ursächlich sein können.
Dieser Artikel ist erstmals erschienen in Reiter Revue 10/20.