Leseprobe: Keine Erkältung
Husten: Fast immer ein Haltungsproblem
"Zwar kommt es im Herbst und Winter bundesweit zu Häufungen von hustenkranken Pferden, die Fallzahlen unterliegen aber jährlichen Schwankungen, die klimatisch bedingt sind“, sagt Dr. Ulrich Mengeler, der in Hamminkeln eine Praxis für Pferde betreibt und Atemwegserkrankungen zu seinen Schwerpunkten zählt. Fällt beispielsweise die Heuernte ins Wasser, sind durch die daraus resultierende schlechte Heuqualität mehr Hustenfälle im Folgewinter zu erwarten. Das ist aber nicht zwangsläufig so. Werden die Ställe etwa aufgrund einer milden Winterwitterung besser belüftet, kann es sein, dass erst zu Frühlingsbeginn die Fallzahlen steigen. Ursache ist dann die lange Lagerzeit des Raufutters. „Je älter das Heu, desto mehr Schimmelpilzsporen, Futtermilben und Mikroben enthält es“, begründet der Veterinär.
Winterhusten ist keine Erkältung
Die Ursachen für den typischen „Winterhusten“ sind also nicht etwa die niedrigen Temperaturen oder Zugluft mit vermeintlicher Erkältungsgefahr, sondern die oft belastenden Haltungsbedingungen durch Staub, Schadgase und hohe Luftfeuchtigkeit. Das belegt auch die Tatsache, dass Atemwegserkrankungen bei freilebenden Wildpferdepopulationen selbst unter widrigen Witterungsbedingungen praktisch nicht vorkommen. Unsere Hauspferde aber werden im Herbst zumeist aufgestallt, stehen den Winter über länger und dichter im Stall und sind so vermehrt zahlreichen Risiken für eine Atemwegserkrankung ausgesetzt.
In erster Linie betreffe das die Luft, die die Pferde einatmen müssen, deren Qualität maßgeblich von der Unterbringung abhängig ist, sagt Mengeler und verweist auf den enormen Luftbedarf des Pferdes: „Das Pferd atmet acht bis zwölf Mal in der Minute. In Ruhe beträgt das Luftvolumen eines Atemzugs beim Großpferd rund fünf Liter. Das sind etwa 60 Liter pro Minute und fast 100.000 Liter pro Tag. Stehen zum Beispiel 30 Pferde im Stall, beträgt der tägliche Luftbedarf circa drei Millionen Liter“, veranschaulicht der Tierarzt. Die sensiblen Atemwege des Pferdes sind zur Gesunderhaltung auf die ständige Zufuhr von Frischluft angewiesen, was in einem geschlossenen Stall mit unzureichender Belüftung nicht gewährleistet werden kann und den Pferden buchstäblich den Atem raubt.