Neun Fakten zum Fieber beim Pferd – Alles auf Abwehr!
Was ist schon normal?
Normaltemperatur bei einem erwachsenen Pferd: 37,0 - 38,2 Grad Celsius
Leichtes Fieber: ab 38,5 Grad Celsius
Hohes Fieber: ab 39,5 Grad Celsius
Lebensbedrohliches Fieber: ab 41 Grad Celsius
2. Sonderfall
Je jünger ein Fohlen, desto höher ist seine Körpertemperatur. 39 Grad Celsius bei einem eine Woche alten Spross: völlig normal!
3. Beste Verteidigung
„Fieber ist keine eigenständige Erkrankung, sondern ein Symptom, das auf Probleme oder Krankheiten hinweist“, sagt Dr. Ines Kretschmer von der Tierklinik Karthaus in Dülmen. „Es ist ein Abwehrmechanismus. Durch die erhöhte Körpertemperatur werden Infektionserreger, wie Bakterien, Viren oder Parasiten beeinflusst.“
4. Hitzewahnsinn
Fieber wird dann brenzlig, wenn es zu hoch ist. „Dann können Eiweiße im Körper geschädigt werden, sie denaturieren“, sagt Dr. Ines Kretschmer. Ohne Eiweiße läuft nichts im Körper. Sie erfüllen unterschiedliche Aufgaben, zum Beispiel transportieren und speichern sie Sauerstoff im Blut, liefern Nahrung, steuern Stoffwechselvorgänge, halten das Immunsystem aufrecht. „Wird es zu heiß, fallen die Eiweiße aus ihrer physiologischen Form und können nicht mehr das tun, was sie eigentlich tun sollen. Das wird gefährlich für den Organismus.“
Jedes Lebewesen hat seine eigene Normaltemperatur, aber die Temperatur, bei der Eiweiße geschädigt werden, ist bei allen Lebewesen gleich, konkret ab 41 Grad Celsius. Das Pferd hat eine ohnehin hohe Körpertemperatur und erreicht die kritische Grenze eher als wir Menschen. Bei 42 Grad ist übrigens Schluss, höher steigt das Fieber nicht. „Ein solcher Fall ist mir allerdings noch nie untergekommen“, berichtet Kretschmer. Zum Glück!
5. Wärme-Regler
Im Gehirn wird die Körpertemperatur geregelt. Genauer im Hypothalamus, einem Teil des Großhirns. „Dieser Bereich ist auf einen Sollwert eingestellt, die normale Körpertemperatur. Bestimmte Stoffe, die Pyrogene, verändern diesen Sollwert nach oben, es entsteht Fieber“, erläutert Dr. Ines Kretschmer. Exogene Pyrogene – das sind krankheitserregende Stoffe, die von außen in den Körper eindringen, wie Viren, Parasiten, Bakterien – aktivieren endogene Pyrogene, die im Körper wirken und dem Gehirn melden: Heiz ein! Während dieses Übergangs kann es übrigens auch bei Pferden zu Schüttelfrost kommen: Denn der Körper läuft noch auf Normaltemperatur, das Gehirn ist bereits auf eine höhere Temperatur eingestellt. „Der Körper entwickelt ein Frostgefühl und versucht durch Muskelzittern die Körpertemperatur zu erhöhen“, sagt Dr. Kretschmer. Ist der Körper aufgeheizt, endet der Schüttelfrost.
6. Gradmesser
Der gute alte Griff zu den Pferdeohren soll verraten, ob das Pferd Fieber hat? Quatsch, meint die Fachtierärztin für Pferde. Denn: „Es ist nicht so, dass die Ohren bei Fieber heiß werden und der Rest des Körpers nicht. Wenn, dann ist die komplette Körperoberfläche erwärmt.“ Die Augen seien manchmal aussagekräftiger: „Sie sehen krank aus“. Außerdem steht das hoch fiebernde Pferd meist teilnahmslos in der Box, frisst nicht, hat eventuell angelaufene Beine und schwitzt. „Wenn es dramatisch wird und das Fieber in Richtung 41 Grad geht, können diese Pferde auch Koordinationsstörungen bekommen“, sagt Kretschmer. Pferde mit leichtem Fieber verhalten sich dagegen eher unauffällig. Klare Fakten schafft nur das digitale Fieberthermometer. Ob ein handelsübliches für Menschen oder ein größeres, extra für Großtiere konzipiertes, das spielt keine Rolle. Wichtig: Thermometer festhalten, sonst Auf-Nimmer-Wiedersehen im Pferdepo. Und: seitlich vom Pferd stehen, sonst Pferdekuss.
Anstrengende Bewegung, Stress und hohe Außentemperaturen verfälschen die Messergebnisse. „Deshalb sollte man einen ruhigen, schattigen Ort wählen, wo das Pferd entspannt steht, zum Beispiel seine Box oder seinen bekannten Putzplatz. Nach dem Reiten oder wenn das Pferd zuvor in der prallen Sonne stand, sollte man eine Stunde warten, ehe man die Temperatur misst“, sagt Dr. Ines Kretschmer.
7. Fall für den Doc
Hohes Fieber oder über mehr als zwei Tage andauerndes leichtes Fieber ist ein Fall für den Tierarzt. Er muss die Ursache herausfinden. „Die Diagnostik steht bei Fieber im Vordergrund“, sagt Dr. Ines Kretschmer. Denn die Ursachen können vielfältig sein: Die häufigsten sind Infektionskrankheiten durch Bakterien, Viren, Parasiten oder Pilze. Pferdegrippe (Influenza), Herpes oder Druse sind Krankheiten, die mit Fieber vergesellschaftet sind, aber auch mit Symptomen wie Husten, geschwollene Lymphknoten und Nasenausfluss. Eine Lungenentzündung oder Entzündungen im Darmbereich können Fieber hervorrufen, genauso Tumorerkrankungen, Vergiftungen, allergische Reaktionen, Hitzschlag oder Überbelastung. Oder eine vermeintlich harmlose Schramme: „Wenn man mal an eine Phlegmone denkt, bei der das Pferd durch eine kleine Verletzung am Bein eine Entzündung in der Unterhaut bekommt und sich ein richtiger Elefantenfuß entwickelt. Diese Pferde haben häufig auch Fieber“, sagt Kretschmer. Von harmlos bis lebensbedrohlich ist alles drin.
Die Therapie richtet sich nach der Ursache. Bei hohem oder andauerndem Fieber kommen Fiebersenker ins Spiel, sogenannte Antipyretika. „Zusätzlich kann man die Beine mit kaltem Wasser kühlen“, rät Kretschmer. Stellt das Pferd auch noch das Fressen und Trinken ein, muss es intensiver behandelt werden und braucht Infusionen.
8. Ruhe statt Tüddelkram
„Einfach in Ruhe lassen“, weist Dr. Kretschmer Besitzer von Fieberpatienten an. Von Tüddeln, Putzen, Weide- oder Spaziergängen hält sie nicht viel. „Ein Pferd mit 39 Grad Fieber, das zudem schlecht frisst, kann man ruhig mal zum Grasen rausholen. Aber mit einem Pferd, das 40 Grad Fieber hat, würde ich auch nicht spazieren gehen, höchstens zum Beine kühlen bis zum Wasserschlauch und zurück.“
9. Päppel-Programm
Fieber zehrt. Dr. Ines Kretschmer erklärt, wie Sie Ihren Vierbeiner richtig aufpäppeln: „Raufutter ist das wichtigste. Man kann Pflanzenöle geben, auch mal Rübenschnitzel, die leicht verdaulich sind und viel Energie haben. Aber nur, wenn das Pferd auch entsprechend Bewegung bekommt. Man sollte mengenmäßig nicht mehr füttern als vorher. Pferde verlieren oft schnell an Gewicht und bauen es nur langsam wieder auf.“ Deshalb heißt das Mantra: Zeit statt Völlerei.