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Kolumne

Warum Reiter den Sommer lieben und hassen: Herausforderungen und Freuden der warmen Jahreszeit

Oh Sommer! Was bist du toll. Oder? Gedanken und Besonderheiten der Sommerzeit als Reiter hat unsere ehemalige Redakteurin Kirsten Lemke in ihrer Kolumne zusammengefasst.

Sommer, Sonne, Strand – herrlich. Oder?

Wenn man einen Reiter fragt, was ihm lieber ist – Sommer oder Winter – fällt die Antwort meist eindeutig aus: „Sommer natürlich!“ Schließlich zogen sich die Monate der Matschpaddocks, der vollen Reithallen und muffigen Winterdecken zäh wie
Kaugummi. Der Fellwechsel, der sich unweigerlich mit den ersten warmen und sonnigen Tagen einstellt, ist zwar etwas nervig und man fragt sich, wo man eigentlich noch kein Pferdehaar gefunden hat – in der Handtasche, auf der guten Bluse fürs Büro und im Müsli waren jedenfalls welche – doch dann kann sie wirklich losgehen: die aller-aller-schönste Zeit des Jahres!

Irgendwie hat man beim Warten auf den Sommer allerdings ein paar Dinge gekonnt ausgeblendet. Erstens: die Bremsen! Kaum wagt man sich mit seinem Pferd unter freien Himmel, schießen sie aus ihrer Deckung, stürzen sich auf Pferd und Reiter, wie kleine Torpedos. Oft nützt auch das beste Fliegenspray nix. Angeblich sollen sich die Biester ja von dunklen Pferden verstärkt angezogen fühlen. Aber auch Schimmel kriegen‘s oft genug ab. Und das Pferd wollte man eigentlich gern behalten …

Zweitens: die Hitze! Pferde sind deutlich hitzeanfälliger als oft gedacht. Schon wenige Minuten Training in der prallen Mittagshitze an einem Sommertag können gehörig auf den Kreislauf gehen. Bei uns Reitern natürlich auch. Grund genug, das Training entweder in die frühen Morgenstunden zu verlegen – für alle Nicht-Reiter: Ja, damit sind wirklich die kurz nach Sonnenaufgang gemeint – oder aber sich gegen 21 Uhr noch einmal in den Sattel zu schwingen. Sie merken: Ausschlafen und laue Sommerabende im Biergarten sind nix für Reiter.

Wann kommt das Pferd auf die Weide? Im Sommer ist die Frage gar nicht so leicht zu beantworten.

Und dann stellt sich noch die Frage der Weidezeiten. Klar, am besten nachts, wenn die Temperaturen angenehm sind und die Insekten Ruhe geben. Doch gerade in Wolfsgebieten überlegen Reiter sich das wohl mindestens zweimal. Wer sein Pferd tagsüber rausstellen möchte, kommt hingegen kaum um den Ganzkörper-Fliegenschutz à la Ritterrüstung herum. Man kann sich angenehmeres für das Pferd vorstellen. Aber am Ende entscheidet man sich für’s kleine Übel. Was nicht bedeutet, dass der Pferdebesitzer dann Ruhe hat.

Womit wir bei Punkt vier wären. Denn statt sich Job oder Freizeit hinzugeben, mutiert er zum Hobby-Meteorologen, checkt nahezu im Minutentakt den Live-Radar der Wetter-App, um bei einem aufziehenden Gewitter alles stehen und liegen zu lassen
und sein Pferd wieder in den sicheren Stall zu retten.

Pferdebesitzer sein ist ein Fulltime-Job. Der Sommer ist natürlich trotzdem toll! Die Pferde glänzen wie die Speckschwarten, die Tage sind lang, der Weg mit dem Fahrrad zum Stall scheint wieder realistisch machbar und was gibt’s Schöneres, als sich nach der Reitstunde noch bis Sonnenuntergang mit dem Stallkollegen zu verquatschen, während die Pferde auf der Weide genüsslich ihr Gras rupfen? Richtig: gar nichts! Und irgendwas nervt schließlich immer. Okay Sommer, ich wär‘ dann soweit!

Der Artikel ist erstmals in unserer Juli-Ausgabe 2022 erschienen. Wenn Sie jeden Monat spannende Beiträge rund ums Pferd lesen möchten, legen wir Ihnen unser Abo ans Herz. Das können Sie bequem bei uns im Shop abschließen.