Kolumne
Pferdemädchen haben eigene Ideen
Erinnern Sie sich noch an den Tag, an dem Sie ein Pferdemädchen wurden? Oder waren die Grenzen fließend? Ich saß schon als Kleinkind bei meinem großen Bruder mit auf dem Pferd. Kein Trockenreiten ohne mich. Das war immer klar. Doch es gab auch diesen einen besonderen Moment: In dem vollgestopften Reitsportgeschäft, das in meiner Erinnerung so herrlich nach Leder und Sattelseife riecht, fischte meine Mutter eine Reithose vom Ständer. Sie war schwarz, aus breitem Cord mit Kniebesatz und von Pikeur, mit diesem in den90er Jahren obligatorischen silbernen Aufkleber. Ich war verzückt! Anprobiert, gekauft und wieder daheim den Aufkleber direkt an die Kinderzimmertür geklebt. Damit war es dann auch „offiziell“: Ich bin ein Pferdemädchen!
Das ist rund 30 Jahre her. Warum ich jetzt davon berichte? Vor ein paar Tagen hat eine Freundin mir von ihrer Tochter erzählt. Ida ist zwei Jahre alt, lebt auf einem Hof mit Pferdehaltung und ist schon jetzt ein Pferdemädchen durch und durch. Zufall? Sagen wir mal so, Pony Pebbles ist auf den Hof gezogen, da war Ida nicht einmal ein Jahr alt und zufällig hat das Christkindchen Ida vergangenes Weihnachten eine Reithose geschenkt. Hübsch verpackt unter dem Baum. Die Freude war riesig. Doch der Preis, den Eltern von Pferdemädchen und Pferdejungs zahlen, ist mitunter hoch.
Eine kleine Anekdote dazu: Ida hat einen Bruder bekommen und wie das mit Babys so ist, schlafen die gerne im Kinderwagen. Auch Felix. Doch spazieren zu gehen ist nicht mehr Idas Ding. Egal ob sie auf dem Laufrad mitfahren soll oder sich auf einen Sitz am Kinderwagen setzen darf. Keine Chance. Ida will reiten.
Meine Freundin trägt es mit Fassung. Oder ist es Stolz? Egal, fest steht, dass man nun regelmäßig ein strahlendes Mädchen sieht, natürlich mit Reithose, auf einem kugelrunden Pony sitzend und einer Mama, die gleichzeitig führt sowie den Kinderwagen schiebt. Multitasking in Perfektion. Oder ein Schaubild dafür, dass man mit Kindern halt flexibel bleiben muss.
Mit Pferdemädchen wohl erst recht.
Übrigens ist es in der Familie Tradition, dass an Weihnachten den Kindern Pferde näher gebracht werden. Für Idas Tante stand das Shetty damals unter dem Weihnachtsbaum. Leider war es – wie sich erst später herausstellte – ein Klopphengst. Die Tante reitet nicht mehr.
Frage aus dem Reiterleben
Warum tut es uns gut, ein Pferdemädchen zu sein und zu bleiben?
Diese Frage stellte sich Reiter Revue-Redakteurin Sylvia Sanchez. Sie hat sich oft gewundert, warum sie im Stall so wenig eitel ist und so oft die Zeit vergisst. Inzwischen ist genau das einer ihrer größten Schätze: mit 45 Jahren noch durch und durch Pferdemädchen zu sein.
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