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CHIO Aachen: Julia Krajewski und Calvin Böckmann setzen Ausrufezeichen​

Die Vielseitigkeit des CHIO Aachen ist entschieden. Im Nationenpreis konnte das deutsche Team nach dem schwachen Springen heute im Gelände Plätze gutmachen und schaffte es auf Rang vier. In der Einzelwertung schafften es Krajewski und Böckmann an die Spitze. Ein Wink in Richtung Paris?

Julia Krajewski und Nickel

Aachen – Gebannt blickten Julia Krajewski und Calvin Böckmann am Rande des Abreiteplatzes auf den großen Bildschirm über dem Riders Corner des CHIO Aachen. Die letzte Reiterin der Viersterne-Prüfung kam da gerade ins Ziel. Dann fielen sie sich, ihren Freunden, Eltern, Förderern und Trainern unter Tränen in die Arme. Julia Krajewski hat mit ihrem zehnjährigen Holsteiner Nickel gewonnen (30,3 Minuspunkte), vor Calvin Böckmann mit Familienpferd The Phantom Of The Opera, ebenfalls Holsteiner, auf Rang zwei (30,9). Platz drei ging an die Britin Laura Collet auf dem Diarado-Sohn Dacapo (30,9 Minuspunkte, aber mit der schlechteren Zeit im Gelände), vor dem Australier Christopher Burton, der den Holsteiner Fan-Jubel mit dem Cyrkon-Nachkommen Clever Louis vollendet haben dürfte.

Auf Kumpel Nickel ist Verlass

„In Aachen wieder an der Tafel zu stehen, ist ganz besonders“, sagte Krajewski unter Tränen – 2018 war ihr das schon einmal gelungen: mit dem von ihr ausgebildeten Chipmunk, der später unter den Sattel von Michael Jung wechselte und mit diesem nun zu den Top-Olympiakandidaten für Paris 2024 zählt. Und nun Nickel, der Jungspund aus den Ausbilderhänden von Olympiasiegerin Krajewski. Er sei „einfach ein total ‚ehrliches‘ Pferd, er versucht alles zu lösen. Wenn man sagt, Mandy ist die Queen, dann ist Nickel der Kumpel“. Und auf ihren „Kumpel“ konnte sie sich auch an diesem Aachen-Wochenende vollends verlassen: eine starke Dressur mit 23,9 Minuspunkten, ein fehlerfreier Ritt im Parcours und eine lupenreine Runde im Gelände, allerdings mit Zeitfehlern. „Aachen ist gerade für ein Pferd, das noch nicht so viel gesehen hat, sehr intensiv.“ Zudem verlor Nickel sehr früh ein Eisen vorne links. „Der Boden ist gut, das Pferd ist sehr ausbalanciert, aber ich habe es hier und da in den engeren Wendungen gemerkt und das hat mich vermutlich auch ein paar Sekunden gekostet. Aber Nickel hat so toll durchgezogen“, sagte sie mehr als zufrieden. „Ich glaube, Nickel hat hier ein kleines Ausrufezeichen gesetzt, dass man sich auf ihn verlassen kann. Er wird noch weiter wachsen.

Calvin Böckmann auf The Phantom of the Opera

Und noch ein Jungspund hat ein Ausrufezeichen gesetzt, dieses Mal ein Reiter: Calvin Böckmann, 23 Jahre alt, mit dem Pferd der ganzen Familie, The Phantom Of The Opera. Er war einer von nur zwei Reitern, die es in der erlaubten Zeit von 6 Minuten 50 ins Ziel schafften – der andere war Chris Burton. „Das Pferd und ich sind in den letzten zweieinhalb Jahren unheimlich zusammengewachsen. Die Fünf-Sterne-Prüfung in Kentucky Anfang des Jahres hat uns nochmal sehr zusammengeschweißt. Ich vertraue ihm blind, er vertraut mir blind – das macht es möglich, manche Wendungen schneller zu nehmen. Das hat uns heute in die Karten gespielt.“ In Kentucky habe er nochmal neue Facetten seines Pferdes kennengelernt, „wir sind einfach als Paar noch mehr gereift“. Seine Erwartung war, eine flotte Nullrunde hinzulegen und er hatte vollstes Vertrauen, das auch in der Zeit zu schaffen. Erwartungen erfüllt und übertroffen, kann man festhalten, „ich habe es noch nicht realisiert“. Sicher ist, mit seiner Aachen-Runde hat er eine Empfehlung in Richtung Paris abgegeben.

Das große Warten

Ob es für ihn und Julia Krajewski interessant wäre, zu den Olympischen Spielen als vierter Reiter zu fahren, auch wenn es bedeuten würde, dass sie nicht an den Start kämen, wurden sie in der Pressekonferenz gefragt: „Ich bin 23. Egal, ob ich dritter oder vierter Reiter wäre – die Olympischen Spiele sind die Olympischen Spiele und davon träumt jeder Sportler.“ Und was sagt die Olympiasiegerin? „Ich habe jetzt Aachen gewonnen und das werde ich jetzt bis zum Ende der Woche feiern. Ich bin froh, dass es nicht mein Job ist zu entscheiden, wer nach Paris fährt.“

Die drei Paare, die dafür in erster Reihe stehen, waren auch in Aachen am Start. Sie gingen allesamt als Einzelpaare an den Start – die Soers sollte für sie noch ein letzter Check vor Paris sein. Jung nahm seinen Chipmunk bereits nach dem gestrigen Springen aus dem Rennen, „er ist in einer fantastischen Form, er fühlt sich körperlich richtig gut an“. Das Gelände zu reiten stand für ihn nicht auf dem Plan, obwohl er nach den ersten beiden Disziplinen in Führung lag. „Natürlich wäre es schön gewesen, hier zu gewinnen, aber am Ende fokussieren wir uns auf das Hauptziel.“

Anders gingen es Sandra Auffarth auf Viamant du Matz und Christoph Wahler auf Carjatan S an. Die Absprache mit Bundestrainer Thomsen: Einen Teil der Strecke als Trainingsrunde zu reiten. Wahler kam mit einem sehr guten Gefühl zurück, Auffarth nach einem Vorbeiläufer mit einem Hallo-Wach-Moment: „Es war ein kleiner Moment, in dem er nicht ganz bei mir war. Aber das war ein Moment, der einen wieder wach macht und daran erinnert, wirklich alles unter Kontrolle zu haben. Ansonsten hat er sich wirklich sicher und gut angefühlt“, sagte die Reiterin.

Die bisherige Favoritin auf den vierten Platz im Olympiateam, Malin Hansen-Hotopp, landete Carlitos Quidditch K auf Platz 18. Besser war Jérôme Robiné mit Black Ice auf Rang 13. „Wir haben eine gute Dressur gezeigt. Es geht noch besser, aber es ging in die richtige Richtung. Das Springen war super, das Gelände spitze", sagte Robiné. „Mehr kann ich nicht machen, jetzt liegt es nicht mehr in meinen Händen.“

Bundestrainer Thomsen hat nun die schwere Aufgabe, mit dem Ausschuss Vielseitigkeit das Team aufzustellen: „Wir werden uns zusammensetzen, das ganze Turnier analysieren und dann beraten, wie es weitergeht.“ Es werden spannende 24 Stunden für Robiné, Hansen-Hotopp und Co.

Im Nationenpreis landete Deutschland mit Robiné, Hansen-Hotopp, Christoph Wahler auf D’accord und Michael Jung auf Kilcandra Ocean Power auf Rang vier. Gold ging an Großbritannien, Silber an die USA und Bronze an Irland.

Ergebnis