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Das Pferd von innen

Die Milz: der XXL-Speicher

Dank der Milz kann das Pferd bei Höchstleistung auf ein riesiges Blutvolumen zurückgreifen. Das allein macht sie einzigartig in der Welt der Haustiere. Und sie kann noch mehr ... Was, das lesen Sie in Folge neun unserer Serie "Das Pferd von innen", präsentiert von Equiva.

Die Milz spielt eine wichtige Rolle bei der Immunabwehr: Sie vermehrt Lymphozyten, die den Körper vor Infektionen schützen.

Sensenblatt

Die dunkelrot bis bläulich schimmernde Milz schmiegt sich auf der linken Seite des Pferdes, zum Großteil geschützt unter den Rippen, an die Bauch- und Brustwand. „Wir finden sie etwa zwei Handbreit hinter der Sattelgurtlage bis fast Kniehöhe, von der Rückenlinie bis zum Bauchnabel. Sie ist sehr groß“, stellt Dr. Katja Roscher, Fachtierärztin für Pferde an der Universität Gießen, fest. Wie groß die Milz exakt ist, lässt sich am lebendigen Pferd nur schätzen, per Ultraschall: Geformt wie ein Sensenblatt ist sie etwa 50 bis 60 Zentimeter breit, 70 Zentimeter lang und gut zehn Zentimeter dick.

Abwehrstation

Die Milz ist das größte lymphatische Organ. Sie vermehrt bestimmte Lymphozyten und gibt diese an das Blut ab – ein wichtiger Vorgang für die Immunabwehr: Die Lymphozyten schützen den Körper vor Infektionserregern.

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Umschlagplatz

Die Milz speichert nicht nur rote Blutkörperchen, sie baut sie auch wieder ab. Denn irgendwann sind die sogenannten Erythrozyten alt und unbrauchbar. Die Milz zerlegt sie in ihre Einzelteile, dabei lagert sie Eisen und schleust es in das Knochenmark zurück, wo die roten Blutkörperchen für den Sauerstofftransport hergestellt werden. Abbauprodukte wie das Hämoglobin, das das Blut rot färbt, werden weiter zerteilt und entsorgt. „Daraus entsteht beispielsweise das Bilirubin, das die Schleimhäute gelb färbt, wenn zu viel davon produziert wird. Eine Gelbsucht also, die nichts mit der Leber zu tun hat“, weiß Dr. Roscher.

Risse im Gewebe

Durch ihre größtenteils geschützte Lage hinter den Rippen kommt ein Riss der Milz nur selten in der tierärztlichen Praxis vor. „Der Tritt eines anderen Pferdes in die linke Bauchseite kann beispielsweise eine Milzruptur verursachen oder ein massives Trauma wie bei einem Zusammenstoß mit einem Auto, wobei das Pferd dann ganz andere Probleme hat“, sagt Dr. Katja Roscher. Es gäbe auch kleinere Risse in der Milz, die als seltener Zufallsbefund auftreten, wenn die Milz mit der Bauchwand verklebt ist. „Keine große Problematik“, bescheinigt die Expertin.

Exklusivrecht

Die Milz ist das Speicherorgan für Blut in konzentrierter Form. „Bei großer körperlicher Anstrengung und bei Stress werden die Hormone Adrenalin und Corticoide freigesetzt, die Milz wird entspeichert. Sie versorgt den Organismus dann mit zusätzlichen 50 Prozent der bereits im Körper vorhandenen Erythrozyten, eine enorme Menge an roten Blutkörperchen. Damit ist die Sauerstoffversorgung in der Muskulatur und im gesamten Körper bei extremer Anstrengung garantiert“, erklärt Dr. Roscher die exklusive Funktion der Milz für das Fluchttier Pferd.

Starke Stränge

Zwei Bindegewebs-Bänder halten die Milz an ihrer Position. Das eine ist mit dem Magen verbunden, das andere mit der Niere.

Ein Band, ein Raum

Zehn bis 15 Zentimeter Breite misst das Milz-Nieren-Band, das bei manchem Pferd für Bauchschmerzen sorgt. Das hängt mit seiner Lage zusammen. „Bei den einen Pferden setzt es relativ weit oben an der Milz an, bei anderen ein paar Zentimeter an der inneren Seite weiter unten. Das sind nur fünf bis acht Zentimeter, die aber den Raum zwischen Band und Bauchraum vergrößern, sodass der freibewegliche linke Teil des Dickdarms dort hineinschlüpft und sich einklemmt“, erklärt die Tierärztin. Die Folge sind immer wiederkehrende Koliken oder in seltenen Fällen Unrittigkeit. Die Lösung kann ein operativer Eingriff sein. Dr. Katja Roscher beschreibt ihn: „Der Milz-Nieren-Raum wird endoskopisch am stehenden, sedierten Pferd über einen Zugang in der Hungergrube verschlossen. Der obere Rand der Milz wird mit dem über der Niere liegenden Bauchfell vernäht. Handwerklich ist das anspruchsvoll, aber wir haben gute Erfahrungen damit gemacht.“

Ein Leben ohne?

„Theoretisch möglich, aber ich wüsste keine medizinische Indikation, einem Pferd die Milz zu entfernen“, sagt Dr. Roscher.

Rare Krankheitsbilder

Die Milz als einzelnes Organ erkrankt äußerst selten. „Am ehesten hat man es hier mit Tumoren zu tun, in den letzten 15 Jahren in unserer Klinik waren es vielleicht zwei Fälle“, sagt Dr. Roscher. Bei anderen Tumorerkrankungen wie dem equinen malignen Lymphom, einer Krebserkrankung des lymphatischen Systems, kann die Milz beteiligt sein. Daran erkrankte Pferde verlieren oft stark an Gewicht, haben immer wieder Fieber, sehen schlecht aus. Die Crux ist: „Wir haben bei der Milz nicht DEN einen Parameter, der auf ein Problem hinweist“, sagt Dr. Roscher. Rektal lässt sich der hintere Teil der Milz erfühlen, per Ultraschall ist sie sogar sehr gut sichtbar. Die oft mikroskopisch kleinen Knoten, die beim Lymphom in der Milz auftreten können, bleiben hierbei auf Grund ihrer Größe häufig jedoch unentdeckt. Zum Glück ist auch das equine maligne Lymphom eine seltene Erkrankung.