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Leseprobe: Selbstbewusstsein

Ein starkes Team

Selbstbewusste Pferde gibt es nicht. Oder doch? Was ist überhaupt Selbstbewusstsein? Kann ich mein Pferd darin bestärken und wie steht es um mein eigenes Selbstbewusstsein? Antworten auf diese und viele weitere Fragen sowie praktische Tipps, liefert unser Fokusthema.

Aufmerksam, neugierig und selbstsicher – das sind Eigenschaften, mit denen wir selbstbewusste Persönlichkeiten beschreiben.

„Wenn wir von selbstbewussten Pferden sprechen, meinen wir eigentlich selbstwirksame Pferde“, sagt die Biologin und Pferdewissenschaftlerin Dr. Vivian Gabor. „Wir können bisher kein Selbstbewusstsein in dem Sinne nachweisen, dass ein Pferd sich seiner Selbst bewusst ist. Zum Beispiel erkennt sich ein Pferd nicht selbst in einem Spiegel. Was es allerdings gibt, ist die
Selbstwirksamkeit. Sie ist das Gegenteil von erlernter Hilflosigkeit.“ Wenn wir also von selbstbewussten Pferden sprechen, meinen wir jene, die Eigenschaften mitbringen, die wir mit Selbstbewusstsein assoziieren: Neugierige, positiv gestimmte Pferde, die mutig und aufgeschlossen sind und lösungsorientiert handeln können. Äußere Anzeichen dafür sind ein aufmerksames Ohrenspiel, Bewegungsfreude und ein wacher Blick. „Selbstwirksamkeit ist im Grunde die Antwort auf die Frage: Wie kann ich die Herausforderung mit meinen Fähigkeiten meistern“, beschreibt es Wirtschaftspsychologin Prof. Dr. Kathrin Schütz.

Die Grundlage für eine gesunde Selbstwirksamkeit sei neben der individuellen Persönlichkeit bereits die Entwicklung im Fohlenalter, sagt Verhaltensbiologin Marlitt Wendt. „Schon mit einer gesunden, naturnahen Haltung und der Wahl einer seelisch stabilen Mutterstute in einer harmonischen Herde wird der Grundstein für eine positive Entwicklung des Pferdes gelegt“, betont sie. Im Umkehrschluss kann mangelndes Selbstbewusstsein ein Resultat einer reizarmen Haltungsform, einem zu frühen Absetzen oder einer Aufzucht mit unpassenden Spielkameraden sein. Kommen eine unsachgemäße Ausbildung, häufige Stallwechsel oder eine mangelhafte Haltung dazu, ist das Selbstvertrauen schnell angekratzt.

Verwechslungsgefahr

„Typische Eigenschaften selbstwirksamer Pferde sind für mich ihre Stressbewältigungsstrategien, auch Coping-Strategien genannt. Je nach Wesen kann das Pferd sich über die Strategien selbst regulieren und zu einer inneren Balance zurückfinden. Dabei muss es nicht auf Extreme zurückgreifen, sondern kann seinen Stress etwa über Bewegung verarbeiten“, erklärt Marlitt Wendt, die zu bedenken gibt, dass demotivierte, passiv agierende Pferde oft erst spät bemerkt werden, weil sie unauffällig scheinen. Dann ist oft allerdings schon etwas im Argen. Das erkennt man an einem starren Blick, der auf Einzelheiten oder nach innen gerichtet ist. Zudem haben diese Pferde fast kein Ohren oder Mienenspiel. Oft sei dieses Verhalten Ausdruck von Schmerz, erlernter Hilflosigkeit oder Stress.

„Insbesondere auf die ruhigen Pferde muss man ein Auge haben“, weiß Dr. Vivian Gabor. Sie schätzt, dass 60 bis 70 Prozent dieser Pferde keine gesunde Selbstwirksamkeit aufweisen.

Ende der Leseprobe

Im Juli-Heft 2024 erklären unsere Experten aus Wissenschaft und Praxis, was es mit dem Selbstbewusstsein von Pferd und Mensch auf sich hat. Dazu gibt es Tipps und Übungen, die das Selbstbewusstsein stärken können. Die Ausgabe können Sie bei uns im Shop bestellen. Als gedrucktes Magazin oder als E-Paper.