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Editorial der November-Ausgabe 2023

Nicht nur reden, handeln

Der Pferdesport braucht positive Bilder, um zukunftsfähig zu bleiben. Keine Worthülsen. Noch verabschieden sich einige Reiter und auch die oberen Pferdesportverbände aber nicht von teils abenteuerlichen Gebisskonstruktionen im Spitzenspringsport. Eine vertane Chance.

Sabine Gregg, Reiter Revue-Redaktionsleitung Digital

Springreiter, die bei Welt- und Europameisterschaften an den Start gehen, sind Vorbilder. Sie sind die Besten ihres Landes. Diejenigen, die um Titel, Triumphe und auf anderen internationalen Turnieren auch um hunderttausende Euro reiten. Einige von ihnen sieht man dabei mit Gebisskonstruktionen im Parcours, die sich selbst Fachleute nicht erklären können. Diese Gebisse und Zäumungen sind laut Weltreiterverband nicht verboten. Allein diese Tatsache macht stutzig, aber man stellt sich ebenso die Frage, warum die besten Reiter sie benötigen.

Zur Erklärung: Das internationale Reglement ist deutlich offener als das nationale in den unteren Klassen. Seitens der Deutschen Reiterlichen Vereinigung heißt es, dass die Ausbildung vor der Ausrüstung stehen muss. Ein sehr löblicher Gedanke, doch ab der Klasse M** ist auch national deutlich mehr erlaubt. Dabei steht außer Frage, dass „scharfe“ Gebisse und deren Kombinationen anders auf das Pferd wirken als eine Wassertrense oder ein Olivenkopfgebiss. Sonst würde ja niemand solche Konstrukte nutzen. Falsch eingesetzt können sie erheblichen Druck auf die empfindlichen Partien des Pferdekopfes ausüben. Und wenn es im Parcours um Hundertstelsekunden und den Sieg im hochdotierten Großen Preis geht, passiert es, dass die Hand kurz zu stark einwirkt. Auch unbewusst. Das ist nicht gut. Zum einen, weil „scharfe“ Gebisse immer eine Geschichte haben, die Geschichte des Reiters und des Pferdes. Zum anderen, weil es in Zeiten, in denen wir über die „Social License“ des Reitsports diskutieren, nicht sein kann, dass manche Reiter ihre Pferde mit Konstruktionen zäumen, die Stewards teils nicht erklären können. Wie sollen Nicht-Pferdemenschen verstehen, dass einige Reiter so etwas brauchen, um mit ihren Pferden den Parcours zu absolvieren?

Diesen Gedanken stimmen viele Reiter und Funktionäre hierzulande zu. Doch sie betonen auch, dass die Gebisse international erlaubt seien. Anstatt nun darüber zu reden, welche Vorteile Reiter anderer Nationen haben, die all diese Gebisse einsetzen dürfen, wäre es doch sinnvoller mit gutem Beispiel voranzugehen. Ich wünsche mir mehr Mut zum „normalen“ Gebiss, mehr Regeln für eine noch pferdefreundlichere Ausrüstung und mehr Mut zum Handeln. Im Sinne des Pferdes. Es geht um die Zukunft des Pferdesports.

Bei diesem Artikel handelt es sich um das Editorial unserer November-Ausgabe. Im Magazin finden Sie einen ausführlichen Beitrag zu scharfen Gebissen und Gebisskonstruktionen im Springsport. Auch als E-Paper erhältlich!