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Redaktioneller Kommentar zur VOX-Serie „Die Pferdeprofis“

Verladen auf den rollenden Anhänger: Showeffekt mit Beigeschmack

Horsemanship-Trainer Uwe Weinzierl ist neuer „Pferdeprofi“ im gleichnamigen TV-Format. Sein Umgang mit Ponystute Sierra in der vergangenen Sendung wird in den Sozialen Medien kontrovers diskutiert. Tierschutzwidrig? Nur Show, kein Mehrwert? Ein Kommentar von Chefredakteurin Sarah Schnieder.

In der TV-Sendung "Die Pferdeprofis" brachte Pferdetrainer Uwe Weinzierl Pony Sierra bei, auf einen fahrenden Anhänger zu traben.

Die „Pferdeprofis“ behandeln Problempferde. Ein einfaches TV-Konzept á la Hundeprofi Martin Rütter – und übrigens von dessen Produktionsfirma Mina TV produziert. Allerdings kein ganz so einfaches Vorhaben. Das zeigten schon die Pferdetrainer, die bislang sprichwörtlich die Zügel in der Hand hatten. Denn was sie in vielen Stunden akribischer Feinarbeit mit den Pferden und ihren Besitzern erreichten, um in der Regel deren Kommunikationsprobleme zu lösen, wird im Sendeformat letztendlich auf rund eine Stunde Sendezeit zusammengeschnitten. Und das, was für den Pferdetrainer oft der entscheidende Moment in der Arbeit ist, fällt nicht selten dem Schnitt zum Opfer. Denn wie viele Reiter wissen, sind es meistens die kleinen, unspektakulären Augenblicke, die Wege des Vertrauens ebnen und den Kern des Zusammenseins zwischen Mensch und Pferd ausmachen.

Doch „unspektakulär“ ist kein Rezept für eine gute Quote. Das stellte wohl auch der TV-Sender VOX fest und setzt ganz neu auf Showmensch und Pferdetrainer Uwe Weinzierl. Mit Scheckstute Sierra sorgte er in der vergangenen Folge als „Pferdeprofi“ sicherlich für Erstaunen bei so manchem Nicht-Reiter, als er binnen der wenigen Filmausschnitte nicht nur dafür sorgte, dass das Pony brav in den bis dato gehassten Anhänger stieg, sondern dass es dies am Ende sogar während der Fahrt tat – mit Reiter auf dem Rücken.

Spektakulär? Ja, das kann man so sagen. Erschreckend? Das definitiv auch! Denn das, was er und einige andere Show-Trainer gerne in Vorführungen mit ihren eigenen Pferden zur Unterhaltung des Publikums darbieten, ist eindeutig nichts, was in einer Sendung Platz finden sollte, die suggeriert, einen kompetenten Umgang mit dem Pferd zu schulen.

So beginnt das reiterliche Kopfschütteln bei diversen Sicherheitsmängeln, die im Anfängerkurs in jeder Reitschule thematisiert werden sollten. Wickle dir niemals einen Strick um die Hand! Steige nur mit Helm aufs Pferd! Und, um Gottes Willen, reite niemals auf einen so wackeligen Untergrund, wie eine schleifende Anhängerrampe, geschweige denn, in einen Anhänger hinein. Warum nicht? Ganz einfach: Die sich bewegende Anhängerrampe birgt ein hohes Verletzungsrisiko für Mensch und Tier, wenn das Pferd aus dem Gleichgewicht gerät. Und ein Pferd, das aus welchen Gründen auch immer in Panik gerät, ist eine potenzielle Gefahr für den Reiter, besonders auf engem Raum, der keine Ausweichmöglichkeiten bietet.

Was neben dem Sicherheitsaspekt aber noch entscheidender ist, ist die Frage nach dem Warum. Was hat diese umstrittene Showeinlage mit reellem, pferdegerechtem Training zu tun? Hat Uwe Weinzierl wirklich den Kern des Kommunikationsproblems zwischen Pferd und Reiter getroffen und gelöst, indem er das Pferd dazu bringt, auf einen fahrenden Anhänger zu traben? Oder bleibt am Ende bei den ahnungslosen Zuschauern vor allem haften, dass wir Reiter unsere Pferde zu unnötigen Kunststücken dressieren. Je spektakulärer, desto besser.

„Was ist pferdegerecht?“ titelten wir in unserer Oktober-Ausgabe. Denn das ist das Thema, das jeden Reiter und Pferdetrainer, egal welcher Disziplin, beschäftigen sollte – besonders in einer Zeit, in der unser wunderbarer Sport in der Gesellschaft immer wieder in Erklärungsnot gerät. Formate wie "Die Pferdeprofis" können dazu beitragen, wie der Reitsport wahrgenommen wird. Dessen müssen sich auch die Protagonisten bewusst sein. Und wenn wir Reiter eines wissen, dann, dass pferdegerechtes Handeln vor allem auf Harmonie zwischen Mensch und Pferd basiert – und die ist meistens doch eher im Stillen spektakulär.