CHIO Aachen: Siege für Team Norka vom VV Köln-Dünnwald, Kathrin Meyer und Quentin Jabet
Aachen/GER - Die Kölner lassen das Gewinnen nicht, Kathrin Meyer ist im Glückstaumel und Quentin Jabet kam, sah und siegte – so lässt sich der Samstag im Preis der Sparkasse auf dem Voltigier-Zirkel des CHIO Aachen 2023 zusammenfassen.
2022 war das Team Norka vom VV Köln-Dünnwald auf Calidor siegreich im Preis der Sparkasse beim CHIO Aachen, 2023 auch. Allerdings in anderer Besetzung sowohl bei den Voltigierern als auch an der Longe. Statt Patric Looser hielt erstmals Ines Nawroth die Longe in der Hand. Das Gefühl, in Aachen in der Zirkelmitte zu stehen, kennt sie bereits, allerdings bis jetzt immer für Sportler aus dem Ausland. Dementsprechend groß waren die Gefühle heute nach dem Triumph mit „ihrer“ Mannschaft: „Hier als letzte Gruppe für Deutschland einzulaufen, das ist schon etwas anderes!“ Erst recht, wenn man dann eine solche Leistung abliefert und mit dem Aachener Applaus belohnt wird. Sowohl gestern in der Pflicht als auch heute in der Kür waren die Kölner das Maß der Dinge. Insgesamt kamen sie auf eine Endnote von 8,397. Das bedeutete einen komfortablen Vorsprung auf das zweite deutsche Team, den VV Ingelsberg auf Fider Rock an der Longe von Alexander Hartl. Hier wurde es im Durchschnitt eine 7,983. Platz drei sicherten sich die Schweizer Bronzemedaillengewinner der letztjährigen WM mit Acardi van de Kapel an der Longe von Monika Winkler mit 7,888.
Für Siegpferd Calidor gab es heute noch eine besondere Ehrung. Die Leser der Fachzeitschrift Reiter Revue hatten den 14-jährigen Holsteiner v. Calido zum „Pferd des Jahres“ gewählt. Im Kreise all der erfolgreichen Athleten, die im Laufe der Jahre auf seinem Rücken zu Medaillen und Meriten geturnt sind, wurde er ausgezeichnet.
Entscheidung der Damen im Preis der Sparkasse 2023, drei deutsche Voltigiererinnen in der Zwischenwertung in Führung, zwei mit einem Deutschen Meister-Titel in der Tasche, eine die aktuelle Weltcup-Titelträgerin. Letztere, Kathrin Meyer, lag nach Pflicht und Technik auf Rang eins, dahinter Alina Roß, die Deutsche Meisterin 2021.
Die Deutschen Meister 2022, Julia Sophie Wagner und Giovanni, longiert von Katja Wagner, machten den Anfang bei den drei Führenden. Sie lieferten eine solide Leistung, die mit dem viertbesten Kür-Ergebnis von 8,363 belohnt wurde, Endnote 8,229.
Dann Auftritt Alina Roß mit Baron R an der Longe ihres Vaters Volker. Sie begann stark. Ihre Kür ist gespickt mit Schwierigkeiten, die sie souverän und elegant durchturnte. Doch dann fand sie einmal keinen Halt und musste mitten in der Kür den Pferderücken verlassen. Ein großer Patzer, auch wenn der Rest dann wieder reibungslos funktionierte. Weil alles andere so gut lief, erhielt sie trotzdem noch eine 8,193 in der Kür.
Als nächste dann Kathrin Meyer, ihr erster Titel in Aachen zum Greifen nah. Und sie lieferte ab! Ihre Kür wurde mit einer 8,816 bewertet. Zusammen mit den Wertnoten für Pflicht und Technik wurde es eine Endnote von 8,584. Das reichte locker für den Sieg vor Julia Sophie Wagner auf Giovanni und Pechvogel Alina Roß, für die es am Ende eine 8,174 wurde.
Als klar war, dass sie gewonnen hatte, stürzte Kathrin Meyer aus der Wettkampf- in die Vorbereitungshalle, sehnlichst erwartet von ihren Mitstreitern aus der Zeit, als sie noch in der Gruppe voltigierte. Sie fiel ihnen ungebremst in die Arme, Freudentränen in den Augen. „Meinen Weltcup-Sieg und jetzt Aachen, das kann man gar nicht vergleichen“, sagte sie später. „An den Weltcup habe ich nie gedacht. Aber Aachen – das ist einfach ein Kindheitstraum!“ Dementsprechend selig war sie. Obwohl sie hier ja schon zweimal mit der Gruppe siegreich war. Aber der Sieg heute, das war allein ihrer. Und natürlich der ihrer Mutter Sonja und von San Classico S. Die drei sind ein eingespieltes Trio. „Wir haben ihn seit zehn Jahren“, erzählte Kathrin. „Mama und ich haben ihn zusammen mit der Hilfe von Kai und Nina Vorberg ausgebildet. Auch wenn er vielleicht für Außenstehende schwierig aussieht, ich weiß, ich kann mich auf ihn verlassen. Ich weiß in jeder Situation, wie er reagiert, weil wir uns schon so lange kennen.“ „Ausgebildet“ meint übrigens nicht nur als Voltigierpferd. San Classico gehe Piaffe und Passage und sei bis M hoch platziert, berichtet Kathrins Mutter Sonja. Sie ist Reiterin. Als sie ihre Tochter mit vier Jahren zum Voltigieren geschickt hat, sollte das eigentlich die Vorstufe zum Reiten sein. Doch da hatte sie die Rechnung ohne Kathrin gemacht. Heute ist sie froh darüber: „Sonst würden wir Tage wie diesen ja nicht erleben!“
Entscheidung der Herren um den Preis der Sparkasse – Quentin Jabet kam (aus Frankreich), sah („Das ist ja wie eine Weltmeisterschaft hier!“) und siegte („Es ist unglaublich!“). Dabei war der Vize-Weltmeister von 2022 in der ersten Teilprüfung, der Pflicht, nur Neunter. „Der Anfang war nicht so gut …“, gab der 22-Jährige zu. Das änderte sich allerdings rasant. Schon in der Technik erhielt er die beste Wertnote. Damit hatte er sich schon auf Rang zwei der Zwischenwertung vorgearbeitet. Es war abzusehen: Die Kür würde spannend werden. Und so war es. Quentin setzte als Vorletzter ein Ausrufezeichen auf seinem Ronaldo an der Longe von Andrea Boe. Mit unglaublicher Leichtigkeit, immer synchron zur Musik voltigierte er sein Programm ohne Patzer von Anfang bis Ende durch. Das Motto seines Programms? „Mmh, eigentlich habe ich kein richtiges. Es ist eine Art Tanz und die Menschen sollen sich ihr eigenes Bild machen.“ Eben wahre Kunst. Eine Wertnote von 8,914 gab es dafür. Zusammen mit den Vornoten wurde es eine Endnote von 8,621.
Ob das zum Sieg reichen würde? Einer kam ja noch: Thomas Brüsewitz, vierfacher Sieger im Preis der Sparkasse und bis dato in Front. Bis fast zum Schluss seiner Kür lief es rund für den 29-Jährigen. Doch dann rutschte er an der Kruppe seines Formel 1 D.C. ab, als er sich mit der Hand abstoßen wollte. Das war teuer. Als Zehnter der Kür rutschte er auf Platz vier der Gesamtwertung ab.
Damit war der Weg frei für zwei weitere „Aufholer“, zum einen den Niederländer Sam Dos Santos auf Chameur, longiert von Rian Pierik. Dass mit dem 17 Jahre jungen Benjamin des Starterfelds zu rechnen ist, war klar. Er war Fünfter der Weltmeisterschaft 2022 und Zweiter im Weltcup-Finale 2023. Hier in Aachen hatte er nach Pflicht und Technik allerdings „nur“ an fünfter Stelle der insgesamt 15 Teilnehmer gelegen. Doch dank einer starken Kür, die mit dem dritten Platz belohnt wurde, schnappte er sich am Ende Rang zwei der Gesamtwertung mit der Endnote 8,466.
Der andere Voltigierer, der sich mit einer super Kür unter die Top drei katapultierte, war Viktor Brüsewitz, 33, Thomas Brüsewitz‘ älterer Bruder. Für ihn ist es das letzte Mal hier in Aachen. Er voltigiert quasi auf Abschiedstournee. Dementsprechend hat er auch seine Kür gestaltet, mit einem selbst eingesprochenen Text zur Musik, in dem er erklärt, was ihm dieser Sport gegeben hat und sich bei jenen bedankt, die ihm dies alles ermöglicht haben. Die Kür war nicht nur emotional, sie war auch gut. Richtig gut! Bis auf 0,003 Punkte kam er an die Kür-Note des Siegers heran. Damit arbeitete er sich in der Gesamtwertung im Preis der Sparkasse auf Rang drei vor. Im Vorfeld hatte er noch erklärt, er würde hier in Aachen gerne noch einmal zeigen, was er alles kann, aber er sei nicht sicher, ob ihm das gelingen würde. Fazit: Hat geklappt!
Alle Ergebnisse vom CHIO gibt es hier.
-pm-
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