CHIO Aachen: Werth und Wendy mit Bestleistung zum Sieg und nach Paris?
Aachen – Die Entscheidung im Grand Prix Special beim CHIO Aachen war klar. Mit 78,085 Prozent siegte Isabell Werth mit Wendy de Fontaine. Auf den zweiten Platz ritt Dinja van Liere ihren erst neun Jahre alten Vita di Lusso und 76,872 Prozent. Die Reiterin aus den Niederlanden war vollkommen geflasht von der Leistung ihres Vitalis-Sohns, den sie seit drei Jahren ausbildet und der morgen seine allererste Grand Prix-Kür gehen wird. Über Platz drei freute sich Frederic Wandres mit Bluetooth, der am Abend vorher noch den entscheidenden Tipp von Isabell Werth für seinen Erfolg bekommen hatte. Jener lautete: „Reiß' dich zusammen!”
Ein ausführlicherer Blick auf die deutschen Starter:
Isabell Werth und Wendy mit persönlicher Bestleistung
Mit einer persönlicher Bestleistung von 78,085 Prozent beendeten Isabell Werth und die zehn Jahre alte Wendy de Fontaine den Grand Prix Special. Ist das ihr Ticket für die Olympischen Spiele in wenigen Wochen? Zumindest zeigte sich Bundestrainerin Monica Theodorrescu sehr angetan von der rasanten Entwicklung des noch jungen Paares. Schließlich hat Isabell Werth Wendy erst zu Anfang des Jahres von Andreas Helgstrand übernommen. Doch werfen wir einen Blick auf die heutige Leistung: Schon auf dem Abreiteplatz präsentierte sich die Stute kadenziert und konzentriert. Zuschauer drängten sich hinter der Hecke, die den Vorbereitungsplatz von den Zuschauern trennt. Was sie zu sehen bekamen: Eine konzentriere Vorbereitung, eine voll fokussierte Isabell Werth und so begannen die beiden auch ihre Prüfung – auf den Punkt. Die Trabtour gelang in einer guten gleichmäßigen Anlehnung, die Übergänge zwischen Piaffen und Passage waren fließend. Überhaupt merkt man, dass Reiterin und Pferd sich den vergangenen Monaten besser kennengelernt haben. Isabell Werth sagt, dass Wendy zuhause angekommen sei. „Wir sind zusammengewachsen. Jede Prüfung bringt uns weiter und ich lerne viel über sie. Anfangs dachten wir noch, sie möge Äpfel, dann haben wir gemerkt, dass sie Bananen liebt", plaudert die erfolgreichste Reiterin der Welt über ihr mögliches Olympiapferd. Zwischen den beiden Pirouetten gerieten die Galoppwechsel ein wenig eilig, ein Fehler passierte und das Publikum raunte, um Isabell Werth nach Prüfungsende ausgiebig zu feiern. Am Ende des Tages war es der zweite Sieg in der zweiten Prüfung in Aachen. Auf die Kür freut sich Isabell Werth besonders. Erstmals ist sie die neue Kür mit Wendy in Rotterdam geritten. Nun hofft sie, sie in Aachen noch besser präsentieren zu können.
Frederic Wandres und Bluetooth OLD finden zu mentaler Stärke zurück
Eins vorweg: Frederic Wandres war mit seiner Leistung im Grand Prix am Donnerstag nicht zufrieden. Der Reiter vom Hof Kasselmann gab sich die Schuld an den Fehlern, die im Nationenpreis seine Punkte gedrückt hatten. Dementsprechend hatte er sich viel vorgenommen für die zweite Prüfung in Aachen mit Bluetooth OLD. Und ehe es ins Detail geht, eine gute Nachricht vorneweg: Nach dem Grand Prix Special war er stolz auf seine Leistung, vor allem auf die mentale. Und die ist entscheidend, denn auch für ihn geht es in Aachen um die Nominierung für die Olympischen Spiele. Dort zu reiten ist sein Lebenstraum.
Am Donnerstag musste er Abstriche machen, nun gelang ihm mit seinem 14 Jahre alten Wallach ein fehlerfreier Grand Prix Special im strömenden Aachener Regen. „Ich konnte zwischenzeitlich nicht richtig gucken”, schmunzelte er im Nachhinein. Als Nachteil habe er den Regen aber nicht empfunden. Bluetooth zeigte eine sichere Prüfung, die Pirouetten gelangen fehlerfrei. Die Wechsel waren sicher. „Ich wollte keinen Fehler riskieren. Heute war es mir wichtiger auf Sicherheit zu reiten. Wir könnten noch drei Schippen obendrauf legen. Das zu wissen, ist gut”, zog Frederic Wandres ein erstes Fazit. Sein Ergebnis: 76,851 Prozent und damit Platz drei. Zu verdanken habe er sein Abschneiden übrigens auch Isabell Werth, die ihm am Vorabend nur einen, aber entscheidenden Tipp gegeben habe: „Reiß' dich zusammen!” „Das habe ich gemacht”, schmunzelte Wandres.
Ingrid Klimke und Franziskus mit teurem Fehler
Für Reitmeisterin Ingrid Klimke und ihren Hengst Franziskus lief im Special nicht alles nach Plan. Bei der ersten Piaffe aus dem Schritt hatten die Münsteranerin und ihr Hannoveraner Hengst ganz offensichtlich ein Missverständnis. Es holperte beim Übergang in die erste Piaffe und auch die zweite Piaffe war eher stockend. „In der dritten Piaffe war er am besten. Das ist natürlich teuer, besonders heute, wo wir doch zeigen wollten, was in uns steckt. Aber manchmal kommt es anders”, sagte Ingrid Klimke nach ihrem Ritt. Nach den teuren Fehlern sei es ihr nicht gelungen, die Punkte wieder aufzuholen. Auch weil Franziskus sich von Wind und Regen habe irritieren lassen und im Maul nicht immer ganz zufrieden wirkte. Mit 74,596 Prozent belegten die beiden den vierten Platz.
Katharina Hemmer, Denoix und die große Warum-Frage
Hubertus Schmidt führte seine Schülerin Katharina Hemmer und Denoix PCH in das Aachener Dressurstadion. Die 29-Jährige sprach beruhigend mit dem zwölf Jahre alten Fuchs. „Braaav, braav.” Der Destano-Sohn schritt zunächst fleißig voran, wäre dann aber am liebsten umgedreht. Die Kulisse in Aachen beeindruckt ihn sichtlich. Das war auch schon am Donnerstag im Grand Prix der Fall. Dennoch starteten die beiden am Samstag gut in die Prüfung. Denoix schien bei seiner Reiterin zu sein, die als nervenstarke Prüfungsreiterin gilt und es versteht, ihrem Pferd durch feines Reiten Sicherheit zu geben. Ihr Special begann so auch sehr gut, der Wallach schien auf seine Reiterin fokussiert zu sein. Auch die Schritttour gelang, obwohl man sich den Wallach noch losgelassener gewünscht hätte. Bei der ersten Piaffe hob Denoix sich plötzlich raus und linste gen Tribüne. Die beiden kamen aus dem Fluss, so dass auch die zweite Piaffe nicht in gewohnter Manier glückte. Denoix war sichtlich beeindruckt von seiner Umgebung und wäre beinahe festgefroren. Katharina Hemmer ritt unbeirrt weiter, rahmte Denoix fein ein und gab ihm dadurch die nötige Sicherheit, um die Prüfung zu beenden. So fanden die beiden zurück in die Aufgabe, doch natürlich beendete Katharina Hemmer mit Denoix den Grand Prix Special nun mit dem Fokus darauf, keine weiteren teuren Fehler zu riskieren und dem Fuchs Sicherheit zu geben. Ihr Ergebnis heute daher leider nur 66,936 Prozent. Das ist besonders schade, weil Katharina Hemmer stets durch klassisches, feines Reiten glänzt.
Nach ihrem Ritt sagte die Pferdewirtin, die seit ihrem Abitur bei Reitmeister Hubertus Schmidt arbeitet: „Denoix habe ich gestern ganz normal trainiert, gemeinsam mit Hubertus Schmidt und Monica Theodorescu. Es war ein gutes Training. Als ich zum Stall reiten wollte, haben wir den Applaus für einen anderen Reiter gehört und das hat ihn sehr gestresst. Also bin ich ihn noch länger Schritt geritten, um ihm Sicherheit zu geben. Auch nachmittags haben wir nochmals versucht, ihn an den Applaus zu gewöhnen. Ganz in Ruhe im Schritt. Mit genauso viel Ruhe habe ich ihm heute Früh das Viereck gezeigt. Da war alles gut. Und auch direkt vor der Prüfung hat er sich toll angefühlt, er war richtig gut drauf."
Warum er in den Piaffen so abgelenkt war, kann sie sich nicht erklären: „Ich weiß nicht, was er meinte zu sehen in den Piaffen. Das hat er noch nie gemacht. Es ist eher seine Art, zu ehrgeizig zu werden. Ich kann es mir nicht erklären und ich werde mir später sicherlich das Video des Rittes anschauen. Vielleicht braucht er noch mehr Routine. Wir haben ihn zuletzt wenig eingesetzt. Ich hoffe, dass es sich bald gibt. Er ist in einer tollen Form und die möchten wir künftig auch beständig auf dem Turnier zeigen können.”
Wer kommt in das olympische Dressurteam?
Der Dressurausschuss wird noch heute entscheiden, wer neben Jessica von Bredow-Werndl und TSF Dalera BB nach Paris reisen darf. Die Entscheidung wird spannend. So spannend, dass Jessica von Bredow-Werndl extra deshalb nach Aachen gereist war. „In der nächsten halben Stunde entscheidet sich, wie das Team zusammengesetzt wird”, brachte es die Europameisterin auf den Punkt. Bundestrainerin Monica Theodorescu war insgesamt sehr zufrieden mit ihren Startern. Katharina Hemmer bescheinigte sie Pech. Die gute Entwicklung von Isabell Werth und Wendy überrasche sie nicht, stellte die Bundestrainerin heraus. „Franziskus hatte ein paar Kleinigkeiten, die das Gesamtbild getrübt haben und Bluetooth hat mit Frederic Wandres eine sehr gute Leistung gezeigt", sagte Monica Theodorescu im Interview.
CHIO Aachen: Julia Krajewski und Calvin Böckmann setzen Ausrufezeichen
Die Vielseitigkeit des CHIO Aachen ist entschieden. Im Nationenpreis konnte das deutsche Team nach dem schwachen Springen heute im Gelände Plätze gutmachen und schaffte es auf Rang vier. In der Einzelwertung schafften es Krajewski und Böckmann an die Spitze. Ein Wink in Richtung Paris?
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