FN beruft Kommission zur Prüfung strittiger Trainingsmethoden ein
Warendorf – Bereits im vergangenen Sommer hatte der Sender die FN damit konfrontiert, das Material vorliegen zu haben und um eine Auskunft zu strittigen Trainingsmethoden gebeten. Die Anfrage der FN, die Szenen komplett einsehen zu können, lehnte der Sender ab.
Nun erstattete der Dachverband in der vergangenen Woche Anzeige gegen Unbekannt bei der Polizei Nordrhein-Westfalen. „Uns wurde lediglich ein wenige Sekunden langer, verpixelter Video-Zusammenschnitt gezeigt, der für uns in dieser Form keine Schlussfolgerung oder Einschätzung zulässt“, äußerte sich FN-Generalsekretär Soenke Lauterbach in einem einige Tage später veröffentlichten Interview. Man erhoffe sich dadurch, Klarheit zu schaffen und Personen, die möglicherweise durch Anwendung verbotener Trainingsmethoden das Tierschutzgesetz verletzt haben, beziehungsweise es möglicherweise noch tun, entsprechend sanktionieren zu können. Dies ist allerdings verbandsrechtlich nur möglich, wenn der betroffene Reiter im Turniersport aktiv ist. „An der Stelle springen wir ins kalte Wasser, weil wir es nicht genau wissen. Aber wir wollen diese Klarheit, auch wenn sie dann behördlicherseits sichergestellt werden muss“, sagte Lauterbach in einer Pressekonferenz. Man hoffe, dass die Behörden im Zuge ihrer Ermittlungen das komplette Videomaterial sichten werden. „Die andere Variante wäre: Wir lassen es auf sich beruhen. Aber dann haben wir immer im Hinterkopf: Vielleicht war da doch was. Wir schöpfen unsere Möglichkeiten aus, für Pferdewohl zu sorgen, an den Stellen, an denen wir es können.“
In der ersten Pressemitteilung gab die FN an, man "vermute, dass es RTL mit seinem Beitrag nicht um das Wohl der Pferde geht oder darum, eventuelles Fehlverhalten aufzudecken, sondern rein um die Skandalisierung der ihnen vorliegenden Szenen.“ Eine Sprecherin des Senders teilte auf Nachfrage von Reiter Revue International allerdings mit, dass es im vergangenen Jahr Recherchen zu dem Thema gegeben habe, nach Rücksprache mit Experten aber auf dem gedrehten Material „kein eindeutiger Verstoß gegen das Tierwohl respektive ein Verstoß gegen das Tierschutzgesetz unzweifelhaft bewiesen werden kann“. Aus diesem Grund habe man sich entschieden, das Material nicht auszustrahlen. „Wir haben dazu auch ein Hintergrundgespräch mit der FN geführt und repräsentative Ausschnitte gezeigt“, heißt es seitens RTL. „In dem Hintergrundgespräch kam die Frage auf, ob man die Sequenzen in ganzer Länge sehen könne, da nur so einschätzbar sei, ob das Pferd in der gezeigten Situation Schmerz empfinde. Wir haben der FN daraufhin mitgeteilt, dass sich die uns vorliegenden Videosequenzen in der Gesamtlänge nicht von dem Material unterscheiden, das wir der FN präsentiert haben. Den Vorwurf zu skandalisieren, weisen wir entschieden zurück, sonst hätten wir ohne weitere Prüfungen ausgestrahlt.“
Die Deutsche Reiterliche Vereinigung hat nun eine Kommission eingerichtet, die sich noch einmal mit gewissen Trainingsmethoden, wie beispielsweise dem Touchieren auseinanderzusetzen. Hierbei handelt es sich laut der Richtlinien für Reiten und Fahren, Band 2 um ein „fachgerechtes Sensibilisieren des Pferdes durch gezieltes Berühren der Pferdebeine im Sprungablauf". Dafür darf die Stange maximal zwei Kilogramm wiegen und drei Meter lang sein.
Bei der sogenannten Barr-Affäre, die etwa 30 Jahre zurückliegt, wurde klar definiert, dass die Methode des Barrens Pferden Schmerzen und Leiden zufügt. Dies trifft laut Regelwerk nicht auf das Touchieren zu. Das Barren ist laut der Leitlinien zu Umgang und Nutzung von Pferden unter Tierschutzgesichtspunkten des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft verboten, Touchieren hingegen ist nicht als tierschutzwidrig eingestuft.
Dies soll die Kommission nun noch einmal genauer unter die Lupe nehmen. In der Pressekonferenz sagte Thies Kaspereit, Leiter der Abteilung Ausbildung und Mitglied der Kommission: „Das ist eine sehr sensible und sehr dosiert einzusetzende Methode, bei der viele Kriterien erfüllt sein müssen, um es überhaupt sinnvoll einsetzen zu können. Das Pferd muss sich auf einem wirklich guten, soliden Ausbildungsweg befinden und optimal trainiert sein. Wir wollen auf gar kein Fall den Eindruck erwecken, man könne mit dem Touchieren irgendwelche anderen Dinge kompensieren. Es ist nur dafür geeignet, eine verlorengegangene Aufmerksamkeit zurückzuerlangen.“ Auch das Thema, ab wann von Schmerzen, Schäden oder Leiden reell die Rede sein kann, wird die Kommission beschäftigen. Ergebnisse werden bis Ende des Jahres erwartet.