Im Interview: Peter Thomsen, Bundestrainer der Vielseitigkeitsreiter
„Wir wollen ästhetischen Pferdesport mit guten Ergebnissen leben“
Wie stark ist die Konkurrenz in diesem Jahr?
Es steht außer Frage, dass England top in Schuss ist. Die haben die drei- oder vierfache Menge an Pferden und Reitern als wir in Deutschland. Daraus resultiert auch eine gewisse Qualität. Aber nichtsdestotrotz sind die deutschen Reiter sehr gut in Schuss. Ich hoffe, dass die abschließende Vorbereitung so läuft, dass wir bei den Europameisterschaften bei der Medaillenentscheidung mitreden können.
Wie dicht haben Sie die Reiter in der Vorbereitung begleitet?
Je näher der Zeitpunkt der Europameisterschaften rückt, desto engmaschiger. Wir waren auf den einzelnen Sichtungen dabei. Wir versuchen jeden Reiter, auch wenn er sich nicht in erster Linie aufs Championat fokussiert, weiterzuentwickeln. Es gibt junge Nachwuchstalente, die vielleicht jetzt noch nicht Richtung Europameisterschaften schielen, aber in zwei, drei, vier Jahren mit den Tipps, die wir ihnen geben, sicherer in ein künftiges Championat gehen werden. Von Woche zu Woche wird das Training und die Kommunikation engmaschiger, damit wir die Pferde und Reiter top vorbereiten.
Wie sieht die Zusammenarbeit in eurem Trainerteam konkret aus?
Wir haben ein sehr gutes Team, das sehr engmaschig zusammenarbeitet. Das empfinde ich als sehr positiv. Da gehören sowohl Ärzte für Reiter und Pferd sowie Physiotherapeuten für Mensch und Tier dazu als auch ein Schmied, eine Psychologin und die disziplinspezifischen Trainer. Das ist in der Dressur Anne-Kathrin Pohlmeier. Rodolphe Scherer aus Frankreich ist unser Spezialtrainer Gelände. Er macht die Geländebesichtigung mit den Reitern. Ich unterstütze ihn mal, wenn sehr viele Reiter starten. Für die Disziplin Springen ist Marcus Döring verantwortlich. Er betreut gemeinsam mit Bundestrainer Otto Becker auch die Springreiter. Bei uns schaut er sich den Parcoursaufbau genau an, bereitet die Reiter ganz konzentriert auf das Springen vor. Wir haben alle unsere Spezialbereiche und hoffen, die Reiter so bestmöglich vorzubereiten und auf dem Championat unterstützen zu können. Gute Ergebnisse sind unser Ziel.
Julia Krajewski hat bei den Deutschen Meisterschaften ihre Rolle als Trainerin beschrieben. Ihr ist es wichtig, die Reiter zu echten Pferdemenschen zu machen. Begreifen Sie das auch als Ihre Aufgabe?
Ja, das Bewusstsein für das Pferd hört nie auf. Auch Horsemanship entwickelt sich weiter, die Diskussion um die Social License entwickelt sich. Unser Sport entwickelt sich. Er wird immer sicherer, es gibt immer weniger Unfälle. Wir müssen dahin kommen, dass gar nichts mehr passiert. Dann haben wir es geschafft. Daran arbeiten wir, weil wir Spaß haben wollen.
Ich habe in Luhmühlen viele Freudentränen gesehen. Reiter haben über Jahre mit dem Pferd zusammengearbeitet und bilden dann beim Geländeritt eine totale Einheit mit dem Pferd. Das ist das, was wir leben wollen. Nicht nur den Erfolg, sondern wir wollen ästhetischen, schönen Pferdesport mit Partnerschaft von Pferd und Reiter leben.
Was wünschen Sie sich für die EM?
Eine Mannschaftsmedaille, am besten die gleiche wie bei der Weltmeisterschaft. Ich sage auch, man muss sie sich holen. Wir werden alles dafür geben, aber am Ende lebt der Sport auch von der Abwechslung.
Viel Erfolg und vielen Dank für das Gespräch.