Im Interview: Bundestrainer Otto Becker
Es ist ein trister Montagvormittag im Januar. 11 Uhr. Auf der Anlage von Bundestrainer Otto Becker in Albersloh ist der Schmied. Pferd um Pferd holt er aus dem Stall, sie bekommen neue Hufeisen. Routine, alles entspannt. Nur die Hofhunde sind aufgeregt, wegen uns, Stefan Lafrentz als Fotograf und mir als Journalistin. Otto Becker zeigt uns den Stall, sein Büro mit der mit Trophäen dekorierten Empore und den Geckos seiner Tochter. Hinter ihm tippeln die betagten Jack Russel-Damen Gina und Rita. Wir gehen weiter in die Reithalle und setzen uns ins Stübchen, das den Blick sowohl in die Reithalle als auch auf den Außenplatz mit angeschlossener Rennbahn freigibt. Popcornmaschine inklusive. Ein guter Platz, um über Entwicklungen im Springsport zu sprechen.
Herr Becker, Sie sind schon lange im Geschäft, haben 2008 ihre eigene Karriere im Springsattel beendet und sind seitdem Bundestrainer. Was hat sich im Sport am meisten verändert?
Die gewachsene Turnierlandschaft. Es sind weltweit 130 Fünf-Sterne-Turniere angemeldet. Das gab es früher nicht. Außerdem gibt es eine Weltcup-Saison, eine Nationenpreisserie und die Global Champions Tour. Das sind drei große Serien und zudem gibt es viele weitere Serien und Touren. Die Herausforderung für die Reiter ist es nun, die Saison gut zu planen und die Top-Pferde gut zu managen. Das ist eine anspruchsvolle Aufgabe. Für die Nationenpreise und Championate ziehen die Reiter nach wie vor mit und planen entsprechend. Das ist wirklich sehr erfreulich.
Es war aber nicht immer so, dass alle Spitzenreiter gern für Deutschland gestartet sind.
Als ich das Amt übernommen habe, gab es einige Altlasten, die auf verschiedenen Ebenen geklärt werden mussten. Einige Reiter mussten erst wieder ins Team geholt werden. Die letzten waren Christian Ahlmann und Daniel Deußer, die in den vergangenen Jahren wieder konstant dabei waren. Zum Glück, denn es sind gute Jungs und sowieso Top-Reiter.
Gab es einen Moment, in dem Sie dachten, Sie hätten das Amt lieber nicht angenommen?
Es war für mich die richtige Entscheidung. Aber die ersten anderthalb Jahre waren ein Spießrutenlauf. Das möchte ich so nicht mehr erleben. Nach jedem größeren Turnier kam etwas Neues ans Licht und ich musste in Interviews jedes Wort auf die Goldwaage legen. Ruhe, um normal zu arbeiten, hatten wir eigentlich erst, nachdem wir bei den Weltreiterspielen 2010 in Kentucky mit dem Team die Goldmedaille gewonnen haben. Das waren mehr als anderthalb Jahre, ehe ich das Gefühl hatte, mal durchatmen zu können.
Fühlt es sich heute – nach der Veröffentlichung der Videos aus dem Stall Beerbaum – wieder so an?
Es ist sicherlich für den ganzen Reitsport eine schwierige Situation.
Sind Methoden, wie das Touchieren, noch zeitgemäß?
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