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Paris 2024

„Man sollte es genießen“: Ludger Beerbaum über Olympia​

Ludger Beerbaum bestritt sechs Olympische Spiele. Im Interview mit Reiter Revue spricht er über sein „neues Kapitel Olympia“ – denn für Paris 2024 sind mit Christian Kukuk und Philipp Weishaupt zwei seiner Reiter nominiert. Über besondere Momente, Druck und sein Blick auf die umstrittene Drei-Reiter-Regel.​

Ludger Beerbaum 2016 in Rio de Janeiro, bei seinen letzten Olympischen Spielen als Reiter.

Ludger Beerbaum hat zahlreiche olympische Momente erlebt, Höhen und Tiefen in allen Extremen. 1988 in Seoul war er mit The Freak Teil des Gold-Teams, 1992 in Barcelona riss im Mannschaftsspringen das Hackamore von Classic Touch, zwei Tage später wurde Ludger Beerbaum mit ihr Olympiasieger. Team-Gold gewann er mit Ratina Z 1996 in Atlanta und mit Goldfever 2000 in Sydney. 2004 verlor das deutsche Team die Olympische Goldmedaille, wegen verbotener Medikation bei Beerbaums Goldfever. 2016 war Beerbaum mit Casello Teil der Bronze-Mannschaft – die Olympischen Spiele in Rio de Janeiro waren die letzten des Reiters aus Riesenbeck.

Bei den diesjährigen Olympischen Spiele sind mit Philipp Weishaupt und Christian Kukuk zwei Reiter direkt aus deinem Stall. Der dritte Reiter, Richard Vogel, hat viele Jahre bei dir in Riesenbeck verbracht. Wie fühlt sich das an?

Es ist jetzt irgendwie ein neues Kapitel Olympia für mich und eine neue Erfahrung. Im Moment ist einfach nur die Freude, dass sie nominiert sind.

Was möchtest du den drei Reitern aus deiner eigenen Erfahrung bei Olympischen Spielen mitgeben?

Ich möchte mich nicht so wichtig nehmen, ehrlich gesagt. Und ich würde mir diese Frage selbst nicht stellen. Ich denke nicht in der Kategorie, dass die drei jetzt auf etwas achten müssten, weil sie sonst keine Medaille gewinnen können. Nein. Neues Spiel, neues Glück – neue Menschen, neue Charaktere, neue Situationen, neue Pferde. Da kann ich mich mit vermeintlich schlauen Ratschlägen eher zurückhalten. Wenn es überhaupt einen Rat gibt, dann, dass sie nicht versuchen sollen, etwas anders als die letzten Wochen und Monate auf Turnieren zu machen. Dass sie sich auf ihre Stärken konzentrieren sollen und das abspulen, wie sie es jede Woche machen. Ich glaube, es ist wichtig, sich nicht durch das Ereignis ablenken zu lassen.

Die Olympischen Spiele zeichnen sich auch dadurch aus, dass man mit vielen anderen Sportarten und Sportlern zu tun hat. Ist das eine Besonderheit, die man genießen sollte, wenn man sie erleben darf?

Absolut. Genau das: Man sollte es genießen, wenn man es erleben darf! In Frankreich sind die Reiter nicht im olympischen Dorf untergebracht, das ist schade, weil dieses ganze Ambiente und diese Erfahrung eben nicht auftritt. Versailles ist schön, glaube ich, aber das ist es dann am Ende auch. Von dem Rest von Olympia kriegt man dann im Tagesablauf nicht so ganz viel mit, es sei denn, man verfolgt es in den Medien.

Du bist sechs Olympische Spiele geritten – welche waren hinsichtlich des Flairs besonders?

Ich habe auch nicht alle Olympischen Spiele im Dorf verbracht. Aber gleich bei meinen ersten Spielen 1988 in Seoul waren wir zumindest zwischendurch im olympischen Dorf. Später sind wir in der Nähe der Reitstätte in ein Hotel gegangen und dort saß ich in der Mensa mit Steffi Graf am Tisch und wir haben geplaudert. Das war schon irgendwie cool und auch aufregend. 1992 waren wir nur auf Stippvisite im olympischen Dorf, dort kann ich mich an die Begegnung mit dem „Dreamteam“, die Basketballer aus den USA, erinnern. Eine mega Erscheinung, als die ankamen. In Atlanta waren wir sehr weit draußen, wir hatten fast zweieinhalb Stunden zu fahren zum olympischen Dorf. Cool war es in Rio, wo wir die ganze Zeit im Dorf untergebracht waren und viele interessante Begegnungen hatten.

Noch ein Blick auf den Modus bei Olympischen Spielen: die Drei-Reiter-Regel wird auch von vielen Reitern kritisiert. Hat sich der olympische Modus aus deiner Sicht zum Positiven entwickelt?

Mittlerweile gibt es ja auch Teamspringen, wo es drei oder sogar nur zwei Reiter gibt. Da finde ich das völlig okay. Das ist ein Stück spannend nachzuverfolgen, da kann man an einem Tag auch Pferde oder Paare tauschen, wenn sie nicht so gut drauf sind. Aber alle vier Jahre bei den Olympischen Spielen, wo so viel dranhängt für Besitzer, Reiter und auch Verbände, sehe ich das nach wie vor sehr kritisch. Für meinen Geschmack liegt da zu viel Druck auf den Paaren, wenn es dieses Streichergebnis nicht gibt. Das heißt, wenn ein Reiter unterwegs spürt, dass das Pferd - aus welchem Grund auch immer - etwas überfordert ist, wird er sich bei diesem Modus schwerer tun aufzugeben. Er weiß, dass dann das ganze Team geplatzt ist und die nächsten Olympischen Spiele erst wieder in vier Jahren sind. Und das spricht für mich ganz klar für den Erhalt des Streichergebnisses.

Glaubst du, dass sich an diesem Modus noch etwas ändern lässt?

Stand heute? Schwierig. Aber man soll im Leben nie „nie“ sagen.