RTL deckt verbotene Trainingsmethode im Stall Beerbaum auf - Update
Riesenbeck/Warendorf – Eine als Marketing-Praktikantin in den Stall Beerbaum eingeschleuste Reporterin sah sich mit versteckter Kamera auf dem Betrieb um und fand sowohl vierkantige Hartholzstangen, als als mit harten Gummistacheln überzogene, schwere Holzstangen. Sie filmte wie erstere auch im Training zum Einsatz kam und das Pferd laut Sender damit gebarrt wurde. Damit bestätigte sie die bereits vorliegenden Video-Sequenzen, die von einer früheren Vertrauten des Stalles an das Reporterteam bereits vor zwei Jahren geschickt worden sei.
Im Mai vergangenen Jahres stellte die Deutsche Reiterliche Vereinigung (FN) Anzeige gegen Unbekannt. RTL hatte der FN Teile des Materials vorgelegt, allerdings sei darauf laut FN nicht ersichtlich gewesen, um wen es sich gehandelt habe und ob es tatsächlich tierschutzwidriges Barren oder das erlaubte Touchieren war. Die FN berief daraufhin eine Pressekonferenz ein und teilte mit, dass sie eine Kommission einrichte, die sich noch einmal genau mit den diskussionswürdigen Trainingsmethoden auseinandersetzen sollte.
In einer heute Nacht veröffentlichten Stellungnahme schreibt die FN:
„Wie wir schon 2020 und 2021 gegenüber RTL zum Ausdruck gebracht, nehmen wir die Vorwürfe sehr ernst. Genau deshalb werden wir das am späten Dienstagabend ausgestrahlte Filmmaterial sorgfältig analysieren und anschließend entsprechende Schlüsse zum weiteren Vorgehen ziehen. Um eine seriöse Beurteilung des Sachverhaltes vornehmen zu können, bedarf es des gesamten Video- und Beweismaterials. Wir fordern RTL deshalb erneut auf, uns dieses vollständig zur Verfügung zu stellen“, sagt FN-Generalsekretär Soenke Lauterbach. Er betont: „Bereits jetzt, unabhängig von dem gezeigten Beitrag, können wir klar sagen, dass der Gebrauch von Vierkantstangen sowie genopptem oder gestacheltem Stangenmaterial inakzeptabel ist und nicht im Einklang steht mit den Grundsätzen des fairen Pferdesports.“
Die FN wird den Sachverhalt auf drei Ebenen aufarbeiten: Einerseits prüft sie, ob Ordnungsverfahren eingeleitet werden können. Andererseits wird sie im Hinblick auf die bereits im Jahr 2021 erstattete Strafanzeige die Staatsanwaltschaft über den RTL-Beitrag informieren, damit diese den Sachverhalt auf Grundlage des Tierschutzgesetzes bewerten kann. Darüber hinaus beschäftigt sich die bereits im Januar 2021 eingerichtete FN-Kommission weiterhin mit Ausbildungsmethoden im Pferdesport und insbesondere mit dem Thema Touchieren."
Auch Ludger Beerbaum hat eine Stellungnahme veröffentlicht.
Der Weltreiterverband (FEI) schreibt in einem Statement zum RTL-Bericht, man werde Nachforschungen zu den Vorwürfen anstellen und stehe bereits in Kontakt zur Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN). "Welfare of the horse" sei das erste Anliegen des Weltreiterverbandes, entsprechend verurteile man die Trainingsmethoden scharf, die damit sich zu vereinbaren seien. Entsprechend habe die FEI ein klares Regelwerk aufgestellt, um Missbrauch und tierschutzwidriges Verhalten sowohl auf FEI-Veranstaltungen als auch an anderer Stelle zu entgegnen. Ebenso schreibt die FEI, dass die Trainingsmethoden in dem Beitrag inakzeptabel und ein Verstoß gegen das FEI-Reglement seien.
Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes, hat sich mit folgendem Statement geäußert:
„Barren ist tierschutzwidrig. Das Pferd erleidet dabei Schmerzen und Angst. Es wird durch Gewalt zu einer besseren Leistung gezwungen, die es unter normalen Bedingungen nicht zu leisten bereit wäre. Die Fernsehbilder belegen erneut, dass Pferde niemals als Sportgeräte missbraucht werden dürfen.
Ludger Beerbaum wurde bereits 2009 mit der Aussage zitiert, erlaubt sei, was nicht gefunden werde. Offenbar hat er nichts dazu gelernt, Pferde sind für ihn immer noch Mittel zum Zweck. Schon 1990 war es der Deutsche Tierschutzbund, der mit seiner Strafanzeige mithalf, den damaligen Springreiter Paul Schockemöhle des tierschutzwidrigen Barrens zu überführen. Das führte damals zu einem Verbot des Barrens unter anderem in den Vorgaben der Reiterlichen Vereinigung. Wenn die aktuellen Vorwürfe zutreffen, muss Beerbaum aus der Reiterlichen Vereinigung ausgeschlossen und ihm ein Tierhaltungsverbot auferlegt werden. Die zuständigen Behörden müssen jetzt aktiv werden.
Möglicherweise ist Beerbaum kein Einzelfall, sondern nur die sichtbar gewordene Spitze eines Eisbergs. Der Fall beweist, wie notwendig es ist, genauer hinzuschauen – nicht nur auf Turnieren, sondern auch in den Ställen und beim Training. Zudem muss endlich eine grundsätzliche Debatte über die Methoden im Reitsport geführt werden und ob diese noch zum olympischen Geist passen.“