Editorial September-Ausgabe
Zahlen, bitte!
Es kam, wie es kommen musste. Es wurde teurer. Das war keine Überraschung nach der Erneuerung der tierärztlichen Gebührenordnung (GOT), die am 22. November 2022 in Kraft trat. Basierend auf einer Studie des AFC Publix Services wurde ein etwa zehn Jahre alter Vorschlag aus der Schublade gezogen und – sagen wir, wenig reflektiert – in die Tat umgesetzt. Während in Deutschland andere Verordnungen kleinlichst auf den Kopf gestellt werden, scheint die GOT geschmeidig durch den Bundesrat gewunken worden zu sein. Wer hierfür geradestehen sollte, ist die eine Frage. Die andere: Welche Auswirkungen hat sie?
Das böse Erwachen hat jedenfalls längst stattgefunden. Tierarztrechnungen sind das Thema auf jeder Stallgasse. Die fett gedruckte Summe unten rechts sorgt oft für Bauchschmerzen oder gar für Wut. Und teils entsteht ein Gefühl der Ohnmacht. Weil man nicht weiß, wie man das bezahlen soll. Ist doch ohnehin schon alles teurer geworden. Und dann auch noch die tierärztliche Versorgung des eigenen Tieres, an dem das Herz hängt – oder gar die Existenz, wie beispielsweise bei Reitschulen.
Allein die Inflation wird zum Stolperstein für viele Tierhalter. In Großbritannien ermittelte eine Umfrage, wie sich die gestiegenen Lebenshaltungskosten auf das Leben mit dem Pferd auswirken. Rund die Hälfte gab an, eher bei sich zu sparen als bei der Versorgung des Pferdes. Und wenn sie dafür die Heizung ausstellen müssten. Die Umfrage fand im Winter statt. Jeder Fünfte gab an, sein Pferd nicht mehr ausreichend versorgen zu könne. Wohlgemerkt, dort gibt es keine GOT, „nur“ ein teures Leben.
Und hier? Kaum einer stellt infrage, dass Tierärzte mehr verdienen sollen – Fachkräftemangel ist dabei ein Stichwort, Überstunden das andere. Hilft die GOT, so wie sie aktuell gelebt wird, wirklich? Darüber wird gestritten. Selbst unter den Tierärzten gibt es keine einheitliche Meinung. Und wer sind die Nutznießer dieser Neuerung?
Die Pferde und Pferdebesitzer jedenfalls nicht. Der Trend ist spürbar: Pferdebesitzer überlegen dreimal, ehe sie den Tierarzt rufen. Doch „spürbar“ reicht nicht aus. Es braucht klare Belege und Zahlen, wie sich die GOT auswirkt, um an den richtigen Schrauben zu drehen. Denn so geschmeidig wie die Verordnung einst durchgewunken wurde, so einfach wird eine Veränderung an ihr garantiert nicht. Eine bald startende Aktion soll Tempo in die Sache bringen.