WM Vierspännerfahren: Bundestrainer Karl-Heinz Geiger im FN-Interview
Pratoni del Vivaro/ITA - 1960 wurde auf der Geländestrecke in Pratoni del Vivaro um olympische Ehren geritten, jetzt haben sich gerade die Vielseitigkeitsreiter dort getroffen, eine Woche später vom 21. bis 25. September kommen nun die Vierspänner-Fahrer zu ihren Weltmeisterschaften. Bundestrainer Karl-Heinz Geiger hat im Interview über sein Team und seine WM-Erwartungen gesprochen.
FN-aktuell: Die WM in Pratoni naht – wie blicken Sie der WM entgegen?
Karl-Heinz Geiger: Wir haben mit Mareike Harm eine sehr gute Dressurfahrerin und mit Michael Brauchle einen echten Marathonspezialisten. Dieses Jahr hat sich im Laufe der Saison mehr und mehr herauskristallisiert, dass sie und ihre Gespanne hervorragend in Form sind. Durch diese Kombination fahren wir mit einer sehr großen Erwartung nach Italien. Wir streben ganz klar einen Medaillenrang an, aber momentan sind die Chancen so gut wie lange nicht mehr, dass wir vielleicht auch Mannschaftsgold erreichen können – und vielleicht sogar Gold im Einzel.
FN-aktuell: Seit dem 9. August steht Ihr Team fest.
Karl-Heinz Geiger: Ja, genau. Unsere drei Teamfahrer sind Mareike Harm, Michael Brauchle und Georg von Stein. Die drei Einzelfahrer, die zugleich Reservefahrer für das Team sind, sind René Poensgen, Anna Sandmann und Dirk Gerkens.
FN-aktuell: Geben Sie uns zu jedem Fahrer eine kurze Charakterskizze?
Karl-Heinz Geiger: Mareike Harm fährt die Dressur mit viel Harmonie, arbeitet sehr konsequent in der Dressur und hat sehr gute Pferde. Michael Brauchle, unser Marathonspezialist, ist unheimlich schnell im Greifen und seine Pferde haben ein herausragendes Galoppiervermögen. Viele Fahrer haben niederländische Gelderländer im Gespann, Michael hat Warmblüter aus deutscher Zucht – das ist beim Galoppieren schon ein Unterschied, gerade in der Beschleunigung. Georg von Stein ist ein Routinier. Er war schon vielfach in der Mannschaft, hatte jetzt eine Zeit des Aufbaus mit neuen Pferden im Team, ist aber wieder sehr gut drauf. René Poensgen hat auch ein tolles Gespann mit ganz viel Harmonie und zeigt in allen drei Disziplinen sehr solide Leistungen. Eine junge Fahrerin ist Anna Sandmann, die schon viel Erfahrung mit Zweispännern hat. Ihre große Stärke ist auch die Dressur. Dirk Gerkens war schon Pony-Vierspänner- Weltmeister, fährt seit einigen Jahren Großpferde, die er alle selbst gezüchtet hat, und hat sich in diesem Jahr in der Dressur nach vorne gearbeitet. Im Gelände ist er auch sehr schnell, hat aber manchmal noch den ein oder anderen kleinen Abstimmungsfehler. Und Altmeister Christoph Sandmann kommt auf jeden Fall mit nach Pratoni – zur Unterstützung, natürlich in erster Linie für seine Tochter Anna.
FN-aktuell: Die stärkste Konkurrenz in der Teamwertung kommt – wie in den Vorjahren – aus den Niederlanden?
Karl-Heinz Geiger: Richtig. Bram und sein Vater Ijsbrand Chardon sind Top-Fahrer mit guten Möglichkeiten, aber unsere Stärke liegt im Marathon: Wenn es bei Michael Brauchle einigermaßen normal läuft, kann den im Moment keiner holen. Auf der letzten Europameisterschaft hat Michael dem Zweitplatzierten zehn Punkte abgenommen. Und in der Dressur ist Mareike immer ganz vorne dabei, da ist höchstens noch Boyd Exell vor ihr. Und da beim Fahren in jeder Disziplin nur die beiden besten Resultate je Teilprüfung gewertet werden, haben wir eine sehr gute Ausgangssituation.
FN-aktuell: Und wie sieht es mit Dauergewinner Boyd Exell aus?
Karl-Heinz Geiger: Es ist naheliegend, dass er auch dieses Jahr wieder Einzelweltmeister wird, aber weitere Favoriten sind für mich auch die beiden Chardons und unser Michael Brauchle.
FN-aktuell: Kennen Sie die Örtlichkeiten in Pratoni schon?
Karl-Heinz Geiger: Bisher nur von Bildern. Die Hindernisse sind relativ offen und großzügig gestaltet, es sind auch einige mobile Hindernisse dabei, auf denen auch besonders viele abwerfbare Bälle liegen. Bei diesen Hindernissen muss man auf sehr genaues Fahren achten.F
FN-aktuell: Auf welche Teildisziplin freuen Sie sich am meisten?
Karl-Heinz Geiger: Auf den Marathon, obwohl ich beim Hindernisfahren am aufgeregtesten bin – da hängt alles am seidenen Faden. Einmal zu weit links oder rechts und der Ball ist weg und schon haben wir vielleicht einen Platz verloren. Aber der Marathon ist das Tollste.
Das Interview führte Kim Kreling für das PM-Forum, das Magazin der Persönlichen Mitglieder der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN).
- fn-press -
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