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Anna Abbelen: „Ich freue mich auf neue Herausforderungen“​

Die hocherfolgreiche Dressurreiterin Anna-Christina Abbelen zieht sich aus dem Profireitsport zurück und widmet sich nun neuen beruflichen Wegen. Dafür hat sie Hof Kasselmann verlassen und ist zurück nach Düsseldorf gezogen. Ein Interview über den Sport, der sie über 20 Jahre geprägt hat.​

Anna-Christina Abbelen

Düsseldorf – Mit ihren 27 Jahren hat Dressurreiterin Anna-Christina Abbelen schon allerhand auf die Beine gestellt. Sie hat als Juniorin und Junge Reiterin Medaillen bei Europameisterschaften gesammelt, ritt erfolgreich Grand Prix, feierte noch Ende März ihren Sieg mit Sam Donnerhall in der Grand Prix Kür beim Vier-Sterne-CDI in Wellington und hat es bis in die Top-50 der Weltrangliste geschafft.

Neben ihrer Reitkarriere studierte sie International Business mit Marketing, machte ihren Master in Sportbusiness und Kommunikation. 2020 dann widmete sie sich voll und ganz den Pferden, machte in Bonn selbstständig als Ausbilderin, Reiterin und Trainerin. Vor zwei Jahren begann sie ihre Arbeit als Bereiterin auf dem Hof Kasselmann in Hagen. Nun möchte die 27-Jährige neue Wege einschlagen. Und darüber sprechen wir im Interview.

Anna, du warst über lange Zeit sehr erfolgreich im Dressursport und genauso hätte es weitergehen können. Du hast dich anders entschieden – wie fühlt es sich an?

Mutig. Ich war super erfolgreich als Reiterin. Ich habe mich bisher viel durch den Reitsport definiert. Es fühlt sich „rummelig“ an, ich bin unheimlich neugierig auf die neue Herausforderung. Es ist aufregend.

Die Pferde und der Dressursport werden meine Leidenschaft bleiben und ich sitze auch noch weiterhin auf dem Pferd. Aber ich habe jetzt nicht mehr den Druck, dieses oder jenes Vier-Sterne-Turnier zu reiten oder die Quali gehen zu müssen, ich kann jetzt sagen: Ich genieße meine Pferde, habe nach wie vor Spaß am Reitsport und auch daran, dabei nur mal zuzugucken.

War dieser sportliche Druck ein Grund für deine Entscheidung?

Nein, ich kann sehr gut mit Druck umgehen. Ich habe mir selbst zwar schon immer Druck gemacht, ich wollte erfolgreich sein. Aber es war nicht so, dass ich den Druck nicht ausgehalten hätte.

Was war es dann?

Es war Neugier. Ich war für viele „Anna, die Reiterin“. So wurde ich auch immer vorgestellt, „das ist Anna und sie war auch schon Europameisterin …“. Das war auch alles richtig und unheimlich schön. Aber ich habe für mich einfach gemerkt: Ich bin noch viel mehr als Anna, die Reiterin. Ich habe auch sonst was auf dem Kasten und ich habe einfach große Lust, das auszuprobieren.

Was hat sich mit dieser Entscheidung in dir verändert?

Ich blicke jetzt anders auf den Sport. Wenn man den aktiv betreibt, ist einem gar nicht mehr bewusst, was eigentlich alles dahintersteckt. Das sind ja nicht nur die vier Minuten im Viereck. Es ist wirklich ein Fulltime-Gedankenkarussell, in dem man sich befindet. Tag und Nacht denkt man an die Pferde. Ich weiß so sehr zu schätzen, was meine Kollegen leisten.

Ich würde jetzt, nach meiner Entscheidung, sicherlich anders in einen Grand Prix reiten und das Ganze vielleicht einen Tacken entspannter sehen, als wenn man das wirklich macht, um davon zu leben.

Ist also mehr Gelassenheit in dein Leben getreten?

Ich würde schon sagen, dass ich seit der Entscheidung ein Stück mehr Ruhe in mir gefunden und eine Gelassenheit entwickelt habe, die mir zuvor gefehlt hat.

Welche Pferde reitest du jetzt noch?

Elité, er ist fünfjährig und gehört meiner Mutter. Sie hatte ihn für meine Reitsportkarriere gekauft. Er ist wirklich cool und ihn reite ich weiter. Dann haben wir noch Jida Selly, sie ist zehn, entwickelt sich wahnsinnig gut. Und meine Mama hat noch zwei ältere Pferde, die sie selbst reitet. Bei ihnen fragt sie mich höchstens mal um Rat.

Jida Selly bleibt bei Frederic Wandres – warum?

Ich habe mich jetzt für diesen Weg entschieden und bin der Meinung, wenn man etwas vernünftig machen will, dann muss man den Kopf dafür frei haben. So ein Pferd mit dem Talent, wie Jida Selly es hat, braucht jeden Tag die volle Aufmerksamkeit. Dem werde ich jetzt gerade nicht gerecht. Freddy ist genau der passende Reiter für sie, er kennt sie, er kennt mich.

Dein Erfokgspferd der vergangenen Jahre, Sam Donnerhall, hast du an die Kanadierin Chloe Gasiorowski verkauft. Nach euren Starts in Wellington ist er in den USA geblieben, ein weiterer Abschied. Wie geht es dir damit?

Es ist wie bei dem Abschied aus dem Profisport ein lächelndes und ein trauriges Auge dabei. Ich habe Sam meine aktuelle Erfolgsserie zu verdanken. Ich war sehr traurig, aber bei Cloe hat er ein Fünf-Sterne-Zuhause. Er ist jetzt 17 Jahre alt, er liebt das warme Wetter dort, ich könnte mir für ihn keinen besseren Platz vorstellen.

Mit Sam Donnerhall war Anna Abbelen 2023 und 2024 Teil des siegenden Nationenpreis-Teams in Wellington.

Welches Highlight deiner Dressurkariere wird dir besonders in Erinnerung bleiben?

Definitiv die Junioren-Europameisterschaften 2014. Das war mega! Das war ein Bilderbuch-Jahr. Ich habe alles gewonnen, Preis der Besten, Future Champions. Dann bin ich zur Euro zu fahren und habe dort auch noch dreimal Gold gewonnen, Deutsche Meisterin wurde ich in dem Jahr außerdem noch. Dieses Jahr war schon sehr, sehr cool.

Was mich aber rückblickend besonders berührt, ist der Teamspirit, den ich erlebt habe. Das habe ich bei Championaten erlebt und zuletzt bei Kasselmann: Nichts geht ohne das Team. Nichts geht ohne den Rückhalt, den man durch das Team erfährt. Sei es von den Trainern, wie Monica Theodorescu, die zwar Bundestrainerin ist, für mich aber vor allem eine Mentorin war, die mich lange Zeit begleitet hat. Dieser Teamspirit war mir in den Momenten vielleicht nicht immer bewusst, aber jetzt im Nachhinein kann ich sagen: Das war ein entscheidender Faktor. Denn so hält man auch mal durch, wenn man gerade eine Durststrecke hat.

Worauf freust du dich nun am meisten?

Auf die neuen Herausforderungen und den neuen Job, auch wenn noch nicht feststeht, welcher es wird. Aber ich freue mich auch darauf, andere zu ermutigen, zu sagen: Du bist nicht nur der Sportler oder was auch immer, sondern du bist so viel mehr! Mal etwas auszuprobieren und eine Herausforderung anzunehmen, dazu möchte ich andere motivieren.

Viel Erfolg und vielen Dank für das Gespräch.