Turnier-Veranstalter Volker Wulff im Interview
In Hamburg sagt man Tschüss!
Vor 25 Jahren haben Sie zum ersten Mal das Deutsche Spring- und Dressurderby organisiert. Wenn Ihr jüngeres Ich gewusst hätte, wie es heute aussieht, was hätte es gesagt?
„Hossa! Das könnte dein Wunschziel werden. Ich habe mich gestern mit meinem Partner Paul Schockemöhle zusammen erinnert: Vor 25 Jahren haben wir am Freitag 460 Tickets verkauft. Nun haben wir freitags 23.500 Besucher vor Ort. Schon damals habe ich gesagt, dass es nicht meine Aufgabe ist, den Turniersonntag voller zu machen. Vielmehr ging es mir von Anfang an darum, die anderen Turniertage weiter zu beleben.“
Was war Ihre Motivation das Derby in dieser Art und Weise wiederzubeleben?
„Ein Event wie dieses muss wirtschaftlich erfolgreich sein. Das war erst zunächst nicht. Wir haben das Turnier systematisch aufgebaut und nun haben wir diese besonderen Tage.“
Was war vor 25 Jahren Ihre Vision?
„Eine volle Hütte zu haben, viel Medienresonanz zu bekommen und eines der bedeutendsten Turniere der Welt zu werden. Das war das Derby früher schon einmal, dann nicht mehr. In den 80-iger Jahren ging es in die andere Richtung. Jochen Döhle, Sören von Rönne, Bernd König und Jörg Münzner haben das Derby damals gemeinsam wieder angeschoben. Seitdem hat sich weiterhin viel getan: Als wir das Turnier übernommen hatten, hatten wir 50 Aussteller. Nun sind es 150. Einen VIP-Bereich wie den heutigen gab es nicht. Wir haben das Turnier sukzessiv verbessert und verändert. Das Derby war Teil der Riders Tour, dann hat die Global Champions Tour in Hamburg Station gemacht. Das war sehr erfreulich, weil wir dadurch ein deutliches Plus an Zuschauern zu verzeichnen hatten, jedoch war die Zusammenarbeit nicht von Dauer.“
Sind sie traurig darüber?
„Nein, überhaupt nicht. Vielmehr war von den Zuschauern zu hören, dass sie froh sind, ihr Derby wieder zu haben. Es ist eine eigenständige Veranstaltung.“
Die sehr gut besucht wird. Was macht es mit Ihnen, wenn Sie auf die vollen Ränge blicken?
„Ich bin glücklich. Das ganze Team ist happy. Wir stecken ein Jahr Arbeit in dieses Event und wenn die Zuschauer den Sport bejubeln, als ob im Volkspark-Stadion ein Tor für die richtige Mannschaft fällt, ist es einfach nur toll.“
Wie viel Wehmut empfinden Sie, wenn Sie daran denken, dass es „Ihr“ letztes Derby ist? Zum Jahr 2025 übernimmt Matthias Alexander Rath mit Schafhof Connects.
„Wir hätten es gerne weiterhin gemacht. Es ist Wehmut dabei. Die Art und Weise wie wir als Veranstalter ausgeschieden sind, hat einen Beigeschmack. Wir sind seit mehr als einem Jahr nicht ehrlich behandelt worden. Das ist nach 25 Jahren alles andere als schön.“
Hamburger Derby ab 2025 in den Händen von Matthias Alexander Rath
In Hamburg und darüber hinaus pfiffen es die Spatzen von den Dächern, nun ist es offiziell: Matthias Alexander Rath übernimmt mit Schafhof Connects ab 2025 das Deutsche Spring- und Dressur-Derby und sagt: „Die Vorfreude ist riesig.“
weiterlesen →Wer hat die Entscheidung gefällt?
„Der Norddeutsche und Flottbeker Reiterverein ist der Rechteinhaber des Deutschen Spring- und Dressurderbys. Er ist Pächter des Hauptplatzes, nicht der angrenzenden Flächen. Sie können aber das Derby vergeben. Natürlich kann es immer mal passieren, dass ein Vertrag nicht verlängert wird. Die Gründe, die uns in diesem Fall genannt wurden, waren für mich mehr als fadenscheinig und nicht nachvollziehbar.“
Sie wirken enttäuscht.
„Ja, aber ich habe keinen Platz für Enttäuschung. Charly Chaplin hat mal gesagt: 'Don’t waste your time for things you can not change, save it for your challenges.' So sehen wir es nun. Es fließen aber auch viele Tränen bei meinen Mitarbeitern. Für viele ist es nicht so leicht. Das Derby ist eine Veranstaltung, für die jeder immer alles gegeben hat. Es ist neben Leipzig unsere Herzensveranstaltung.“
Warum ist es so eine besondere Veranstaltung?
„Das Ambiente ist wunderbar. Hamburg ist ein gewachsener Standort, der renovierungsbedürftig ist und seinen Charme hat. Es wirkt groß, aber die Menschen sind nah dran. Das Derby ist spektakulär. Die Hindernisse faszinieren, zugleich darf man sie nicht unterschätzen. Das Derby ist eine Grenzprüfung, gerade in Zeiten, in denen wir uns mit der Social License dem Pferd gegenüber auseinandersetzen. Wir müssen es als Veranstalter schaffen, alles bestmöglich vorzubereiten und schlechte Bilder zu vermeiden. Wir wählen gemeinsam mit dem Bundestrainer Otto Becker und dem Springausschuss aus, wer starten darf. Es kann immer etwas passieren, aber wir müssen schauen, dass wir das Risiko bestmöglich minimieren.“
Das Derby in fünf Worten:
„Faszination, Leidenschaft, außergewöhnlich, aufregend, spannend.“
Was war Ihr spannendster Derby-Moment?
„Zu meiner Anfangszeit als Veranstalter gab es ein Stechen. Da haben wir gewettet, wer das Derby gewinnt. Ich hatte als einziger auf Franke Sloothaak getippt und er hat tatsächlich gewonnen. Das war spannend. Dies ist aber nur einer von vielen. Wenn am Sonntag alles rappelvoll ist und zugleich mucksmäuschenstill und das Paar dann den Wall samt Planke fehlerfrei überwindet, dann hört es sich an, als ob der HSV doch den Aufstieg geschafft hat. Gänsehaut.“
Was hat die Erfahrung Sie in Hinblick auf die Sieger beim Derby gelehrt?
„Wer in den Qualifikationen ganz vorne ist, schafft es meist im Derby nicht. Das hat nur Holger Wulschner einmal geschafft. Er hat die erste, die zweite Qualifikation und das Derby gewonnen. Mit Capriol hat er da 2000 wirklich Geschichte geschrieben.“
Auf wen tippen Sie morgen?
„Das weiß ich noch nicht. Einige haben sich gestern beworben. Marvin Jüngel hat es vor.“
Mit welchem Gefühl gehen Sie morgen vom Platz?
„Das weiß ich noch nicht. Ich bin ein emotionaler Mensch. Es kann sein, dass es mich überkommt. Ich hoffe, sehr zufrieden zu sein nach 25 Jahren erfolgreicher Arbeit. Aber ich bin auch ein wenig enttäuscht und ich bin gespannt, wie es weiter geht. Unsere Verträge laufen noch bis zum Ende des Jahres. Da gilt es noch einiges zu klären für das Derby 2025. Es gibt noch keinen Ticketverkauf. Normalerweise starten wir damit nun und die ersten Tage sind sehr schnell ausverkauft.“
Vielen Dank für das Gespräch.
Vier Fragen an Springreiter Steve Guerdat
Der Schweizer Springreiter Steve Guerdat hat mit Venard de Cerisy das Hauptspringen am Freitag in Hamburg gewonnen. Sein Pferd hat zuvor monatelang Pause gehabt. Warum das bei ihm zum System gehört, genau wie Pferde mit besonderer Persönlichkeit. Zeit für einen kurzen Schnack in Hamburg.
weiterlesen →