Leseprobe
Julia Krajewski im Portrait – Die Tüftlerin
Verbindlich. Die erste Notiz zu Julia Krajewski. Exakt sieben Minuten liegen zwischen meiner Portrait-Anfrage per Whats-App und ihrem Anruf. „Können wir machen.“ Und auf meine erstaunte Reaktion: „Ich erledige Dinge gerne sofort.“ Punkt. Wenige Wochen später treffen Fotograf Stefan Lafrentz und ich Julia Krajewski auf dem Gelände des Deutschen Olympiade Komitees für Reiterei (DOKR) in Warendorf, wo sie seit 14 Jahren reitet.
Pünktlich auf die Minute kommt sie uns vor ihrer Stallgasse entgegen. Dunkelblaue Reithose, dunkelblaues enges Shirt, die weißen Sportschuhe aus der Olympia-Ausstattung an den Füßen, die blonden Haare zum Pferdeschwanz zurückgebunden. „Womit fangen wir an?“ fragt sie, knapp aber freundlich. Wir starten mit dem Interview, suchen draußen eine Sitzgelegenheit, schnappen uns schließlich zwei Holzstühle aus einem der Richterhäuschen und setzen uns auf die Wiese neben dem Dressurviereck.
Gut einen Monat ist ihre Sternstunde her: Am 2. August wurde sie als erste Frau in der Geschichte Olympiasiegerin der Vielseitigkeit. Sie holte mit ihrer Stute Amande de B’Neville für Deutschland die vierte Einzel-Goldmedaille in Folge nach Hinrich Romeike 2008 und Michael Jung 2012 und 2016. „Richtig zu realisieren, was es heißt, Olympiasiegerin zu sein, dafür braucht man vielleicht Jahre“, sagt sie. „Ansonsten versuche ich auch noch meinen Job zu machen, seit ich wieder da bin.“ Ein kurzes Lächeln. Die 32-Jährige ist Bundestrainerin der Junioren, direkt nach Tokio stand die Vorbereitung für deren Europameisterschaft an. Und die Bundeschampionate mit dem sechsjährigen Chin Tonic. „Business as usual“ nur mit mehr Nebengeräuschen: Anrufe, Anfragen für Interviews und Reportagen. „Ich bin aber auch niemand, der gut zu Hause sitzen kann und über die Dinge nachdenkt – weder über die positiven noch über die negativen Ereignisse.“ Da geht sie lieber reiten. ...