Europameisterschaften der Dressurreiter 2021
Kür: Drittes GOLD für Jessica von Bredow-Werndl
Hagen a.T.W. – Das erste Halten war nicht ganz perfekt. Bevor es schwungvoll in die Trabtraversale ging, musste Dalera äppeln, was sie dieses Mal aber nicht weiter aus dem Konzept brachte. Vor der ersten doppelten Pirouette sprang die 14-jährige Easy Game-Tochter kurz einmal um. Das waren aber auch schon alle minimalen Unebenheiten, die es zu bemängeln gab. Ansonsten waren Jessica von Bredow-Werndl und TSF Dalera BB im La La Land. Jede Lektion voll im Takt der Musik, der Schwierigkeitsgrad enorm hoch, Piaffen und Passagen rhythmisch getanzt, so leicht und gleichmäßig, dass man die enorme Kraft, die sie kosten, nicht im Ansatz erahnte. Das war ohne Frage der Sieg. Die Trakehner Stute aus dem Besitz von Beatrice Bürchler-Keller ist derzeit in der Form ihres Lebens und ihre Reiterin unterstützt sie in jeder Sekunde optimal. Beiden war weder die Tokio-Reise anzumerken noch die anstrengenden Wettkampftage in Hagen a.T.W. „Sie hatte nicht ein nasses Haar, weder beim Abreiten, noch nach der Prüfung“, sagte Jessica von Bredow-Werndl etwas ungläubig. Das Gefühl im Viereck sei das Beste gewesen, dass sie jemals gehabt habe, völlig unabhängig von den Punkten. „Deshalb war ich auch so emotional nach dem Ritt. Sie war hundertprozentig bei mir, sie war an, aber es war die perfekte Energie. Vor zwei Tagen war sie etwas zu heiß, da konnte ich nicht alles riskieren. Aber heute war es die optimale Abstimmung.“ Dass sie damit die insgesamt fünfte Goldmedaille in diesen Tagen nach Aubenhausen holte, machte den Tag für das Werndl-Team perfekt. Bereiter Raphael hatte bei den U25-Reitern heute bereits vorlegt und kann morgen in der Kür Medaille Nummer sechs sichern.
Silber an Dänemark, Bronze für Großbritannien
Bei den Senioren gab es für Deutschland in der Kür „nur“ die eine Medaille. Isabell Werth und Weihegold OLD hatten in der dritten Prüfung mit der Kondition zu kämpfen. „Es war einfach nicht mehr drin“, sagte Werth nach einem Ritt, bei dem ihre 16-jährige Don Schufro-Tochter für sie ungewöhnlich viele Fehler machte. Schon auf dem Abreiteplatz habe die gefühlt, dass „die Luft ein bisschen raus war“. In der ersten Piaffe äppelte die Stute und fußte nicht gleichmäßig durch. „In der zweiten Piaff-Umdrehung habe ich dann gemerkt, dass ich schauen muss, wie wir das nach Hause bringen“, erklärte die 52-Jährige. Die Kraft sei einfach nicht mehr da gewesen. „Gestern wäre es vielleicht noch anders gelaufen. Die Pferde sind im Wettkampf dann im Flow“, analysierte Werth und ergänzte, Weihegold sei in Rotterdam vor Tokio das letzte Turnier gegangen und dort auch nur zwei Prüfungen. Die letzte Kondition baue sich aber im Wettkampf auf, durch Tokio sei die Vorbereitungsphase für Weihegold deshalb wohl zu kurz gewesen. „Sie hat hier aber wirklich gekämpft“, nahm es die Reiterin gelassen. „Das war schon okay.“ Mit 84,896 Prozent wurde sie Vierte und ließ der Dänin Cathrine Dufour auf Bohemian und der Britin Charlotte Dujardin mit Gio den Vortritt.
Cathrine Dufour hatte sich im Special über Bronze gefreut und war nun mit Silber „total happy“. 88,436 Prozent gab es für sie und ihren elfjährigen Westfalen Bohemian. Zur Musik des Musicalklassikers „Les Misérables“ startete die mit Piaffe und Passage, daraus schwungvolle Trabtraversalen, Wechseln auf gebogener Linie und ein nahtloser Übergang von den Zweiern- in die Einerwechsel. Der Wallach zeigte sich in allen Lektionen kraftvoll und gleichmäßig, er könnte teils offener im Genick sein, ist aber noch im Aufbau und präsentiert sich noch nicht mit dem gleichen Selbstverständnis einer Dalera. „Es fühlte sich heute zum ersten Mal aber spielerisch an“, freute sich Cathrine Dufour über Bohemians Entwicklung und kündigte an, bei den Weltmeisterschaften im kommenden Jahr in Dänemark den Deutschen mit ihrem Team Druck machen zu wollen. Eine klare Kampfansage.
Der schließt sich sicherlich auch Charlotte Dujardin an, die an der Pressekonferenz nicht mehr teilnehmen konnte. Erst hing sie in der Dopingkontrolle fest, dann musste sie den Flieger erwischen. Dass sie zufrieden war, sah man ihr aber an. Der kleine Fuchs Gio, Stallname Pumpkin, war trotz der langen Wettkampftage auch in der Kür ein Energiebündel und nahm die Herausforderung der kreativen Choreographie an. Aus der Piaff-Pirouette ging es in den Schritt, aus dem Schritt in die doppelte Galopppirouette. Schwierigkeitsgrad: eine glatte Zehn. In den Einerwechseln auf der Mittellinie sprang er einmal nicht richtig durch, auf der Schlusslinie gab es noch einmal eine Piaff-Umdrehung und daraus kam das Paar direkt ins Halten, Grüßen, Jubeln. Bis zum letzten Tritt war der Apache-Sohn kraftvoll im Hinterbein. 87,246 Prozent waren der verdiente Lohn. Bronze.
Rang 14 für Helen Langehanenberg
Etwas hinter den Erwartungen blieb die Note bei Helen Langehanenberg und Annabelle. Das Paar musste als erstes ins Viereck und legte zur Musik von Schwanensee eine solide Prüfung hin. Ein teurer Fehler passierte in der Rechtspirouette. „Da haben wir uns absolut missverstanden. Annabelle wusste irgendwie gar nicht, was ich von ihr wollte“, resümierte die 39-Jährige, hatte aber ansonsten schon ein gutes Gefühl. Die technische Note lag bei zwei der sieben Richter unter 70 Prozent, was doch sehr streng erschien. „Ich muss mir den Ritt nochmal in Ruhe anschauen“, sagte Langehanenberg. Sie sei wirklich nicht unzufrieden mit Annabelles Leistung. Mit 77,214 Prozent rangierte sie letztendlich an 14. Stelle von 15 Startern. Bundestrainerin Monica Theodorescu zog aber ebenso ein positives Fazit, immerhin sei es das erste Championat der Stute. Sie sei noch nicht viele Turniere mit drei Prüfungen gegangen. Es fehlt noch an Routine.
Für die Niederländerin Adelinde Cornelissen und den zehnjährigen Totilas-Sohn Governor endete die Prüfung jäh. Das Paar wurde aufgrund von Blut auf Pferdemaul abgeklingelt.
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