Hubertus Schmidt: „Reiten soll sehr fein und leicht sein“
Hubertus Schmidt ist Reiter. Durch und durch, auch wenn er aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr auf Turnieren startet. 2022 war seine letzte Turniersaison. Im Rückblick sagt er: „Es gab zu jeder Zeit meiner Karriere überragende Momente. Nach meiner Bereiterprüfung mit 18 Jahren hätte ich niemals gedacht, dass ich bei Olympischen Spielen reiten würde.“ Und Gold gewinnen würde, darf man ergänzen. Von Medaillen bei Europa- und Weltmeisterschaften ganz zu schweigen. Das Understatement eines Herzblutsportlers und -ausbilders.
Hubertus Schmidt hat dutzende Pferde in den Grand Prix-Sport gebracht. Einer der Sätze, die er seinen Reitschülern, einbläut: „Versuche nicht das mit den Händen irgendwie hinzufummeln, sondern reite reell von hinten nach vorne.“ Klassisch, bewährt, gut.
„Dieses Credo habe ich auf meinem Weg zum Grand Prix schon gehört“, sagt der Reitmeister schmunzelnd. 2004, kurz nach dem Team-Gold bei den Olympischen Spielen und Platz fünf in der Einzelwertung mit Wansuela suerte, bekam er als erster aktiver Reiter den Titel Reitmeister verliehen. Ein Novum. Vor 40 Jahren legte er seine Pferdewirtschaftsmeister-Prüfung mit Stensbeck-Plakette ab. Seitdem hat er Pferde und Reiter in den großen Sport gebracht. Aktuell ist seine Bereiterin Katharina Hemmer zu nennen, die von ihm Denoix übernommen hat und zum deutschen Perspektivkader gehört. Die finnische Reiterin Emma Kanerva schulte er bis zur Teilnahme an den Olympischen Spielen.
Und wer hat Schmidt reiterlich geprägt? „Am ehesten Herbert Rehbein. Aber ich habe nie jemanden gehabt, bei dem ich gedacht habe: So will ich reiten.“ Hubertus Schmidt war früh klar, wie sein Reiten aussehen und sich anfühlen soll: sehr fein, sehr leicht. Auf dem Weg dorthin hat er mit Harry Boldt, Jo Hinnemann, Klaus Balkenhol und Rudolf Zeilinger gearbeitet. „Ich habe von jedem etwas mitgenommen“, sagt Schmidt, ohne dabei seinen Weg verloren zu haben.
Für Hubertus Schmidt zeichnet einen guten Reiter aus, dass er sehr, sehr viel Gefühl hat und sich in verschiedene Pferde reindenken kann. „Wichtig ist, dass man als Reiter in der Ausbildung früh genug merkt, wenn man falsch liegt, dann aufhört, sich Gedanken macht und eine andere Richtung einschlägt.“ Schmidt begleitet Schüler auf diesem Weg, bleibt aber stets mit dem Fleyenhof – seiner Heimat – verbunden. Auf dem elterlichen Hof lernte er reiten, auf Zuchtstuten auf der Weide. Das ist 50 Jahre her. Heute unterrichtet er hier. Viele Pferde hat er kommen und gehen sehen und dabei „die feineren, sensibleren Pferde am meisten geliebt.“ Und wie wäre ein Leben ohne Pferde? „Möglich, aber wesentlich ärmer – meines zumindest.“ Mit Verlaub, nicht nur Ihres, Herr Schmidt. Dafür haben Sie zu viel bewegt.
Interview
Herr Schmidt, machen Sie sich Sorgen um die Zukunft des Dressursports?
Hubertus Schmidt ist der Präsident des Deutschen Reiter- und Fahrerverbandes. Im Reiter Revue-Interview spricht der Olympiasieger und Reitmeister über seine Sicht zu den aktuellen Skandalen im Dressursport.
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