WM Herning 2022
Springen: Gold für Schweden, Thieme stürzt, Deutschland auf Platz fünf
Herning/DEN – Manchmal schreibt das Leben Geschichten, die man sich auch mit großer Fantasie nicht vorher ausmalen kann. So geschehen heute im finalen Springen um Team-Gold. André Thieme als dritter deutscher Starter stürzte nach einem mächtigen Sprung seiner DSP Chakaria. Die Stute katapultierte ihn regelrecht aus dem Sattel, Thieme verlor das Gleichgewicht und fiel vom Pferd. Zum Glück ist den beiden nichts passiert. Doch der Schreck saß tief bei dem amtierenden Europameister aus Plau am See. „Ich bin enttäuscht über mich. Die Stute hat mir bei der Landung an Sprung drei so einen unter den Hintern gegeben, da war sie auch schon weg. Ich war auf dem Boden und wusste gar nicht, was passiert ist“, ärgerte sich Thieme. „Es ist einfach nur traurig, weil ich für das Team alles tun wollte. Es tut mir leid für das Team.“
Das deutsche Team sicherte sich trotzdem den fünften Platz und konnte sich somit für die Olympischen Spiele in Paris 2024 qualifizieren. Das formulierte Minimalziel haben die deutschen Springreiter damit erreicht.
Zu den Medaillengewinnern: Team Schweden unschlagbar
Das schwedische Team deklassierte die Konkurrenz fast um drei Hindernisfehler. Mit einem Gesamtergebnis von 7,69 gewann die Equipe mit Malin Baryard-Johnsson, Peder Fredricson, Jens Fredricson und Henrik von Eckermann verdient und vollkommen souverän Gold. Noch ehe Peder Fredricson als letzter Starter eingeritten war, war den Schweden Gold nicht mehr zu nehmen! Henrik von Eckermann lieferte als erster Reiter des schwedischen Teams eine Runde ohne Makel. King Edward sprang hoch, war schnell und ließ den Parcours leicht aussehen. Der zwölf Jahre alte Edward-Sohn springt übrigens ohne Eisen. „Er fühlt sich wohler und springt noch besser seitdem wir ihm die Eisen abgenommen haben“, erklärte Henrik von Eckermann uns bei einem Besuch in seinen Cyor Stables im März. Vor dem Einzel-Finale am Sonntag führt er mit einem Punktestand von 0,58.
Silber für die Niederlande
Die Silbermedaille bekamen Harrie Smolders, Jur Vrieling, Maikel van der Vleuten und Sanne Thijssen überreicht. Das niederländische Team konnte sich durch eine fehlerfreie Runde von Harrie Smolders auf dem Holsteiner Monaco, den er übrigens von Jennifer Gates übernommen hat, und die Runde von Jur Vrieling, der nur zwei Zeitstrafpunkte mit in die Wertung nahm, von Ausgangsposition vier vor dem Springen auf den zweiten Platz schieben. Sanne Thijsen erwischte mit ihrem Holsteiner Con Quidam RB den mittleren Sprung in der dreifachen Kombination. Auch Maikel van der Vleuten und Beauville patzten einmal.
Bronze für Großbritannien
Die britische Equipe sicherte sich Bronze mit einer geschlossenen Teamleistung, bei der jeder im Laufe der Weltmeisterschaften mal patzte. Zur britischen Equipe gehören Ben Maher, Scott Brash, Harry Charles und Joseph Stockdale. Das Gesamtergebnis des Teams: 22,66 Punkte. Besonders hervorzuheben ist nach diesem Parcours der 23 Jahre alte Harry Charles, dem auf seinem Romeo eine fehlerfreie Runde gelang.
Platz fünf für Deutschland
Marcus Ehning und Stargold trabten locker in den Parcours. Der elf Jahre alte Oldenburger nahm die ersten Hindernisse ohne Mühe. Nach der gewaltigen Tripplebarre passte die Distanz zum siebten Hindernis nicht, Fehler. Auch die dreifache Kombination gelang den beiden nicht ohne Makel. Sie streiften die oberste Stange des mittleren Sprungs. Acht Strafpunkte standen somit am Ende auf der Anzeigetafel. „Es war nicht mein Tag heute. Ich habe den Druck auf die anderen leider erhöht“, sagte ein enttäuschter Marcus Ehning.
Jana Wargers und Limbridge: Die Neulinge im deutschen Team haben als zweites deutsches Starterpaar eine Runde wie aus dem Bilderbuch gezeigt. Sie waren wunderbar im Rhythmus, passend in allen Distanzen. Ein Galoppsprung weniger hätte Jana Wargers gut gestanden, dann hätte nämlich auch die Zeit gereicht. Ein Fehler stand am Ende auf der Tafel. „Jana hat sich jeden Tag verbessert“, lobte Bundestrainer Otto Becker die jüngste Reiterin im Team. „Limbridge und ich waren voll fokussiert. Ich freue mich, dass es so gut geklappt hat“, strahlte Jana Wargers nach ihrem Ritt.
Christian Ahlmann und sein Zangersheider Hengst bleiben in dem schweren Parcours von Herning bis zum vorletzten Hindernis, dem Aussprung der dreifachen Kombination, fehlerfrei. Dann wird der massive Oxer zu weit, ein Fehler für das letzte deutsche Paar im Parcours.
Das Gesamtergebnis des deutschen Teams beläuft sich damit auf 24,76 Fehlerpunkte. Das bedeutet Platz fünf und damit die Olympiaqualifikation, die Otto Becker vor dem Beginn der Weltmeisterschaften als Minimalziel genannt hatte.
Ein Blick auf die Einzelwertung
Henrik von Eckermann führt mit King Edward vor seinem Teamkollegen Jens Fredricson mit Markan Cosmopolit. Auf dem dritten Platz liegt der Belgier Jérome Guery mit seinem Holsteiner Quel Homme de Hus und 3,35 Fehlerpunkten. Vom vierten Platz aus startet der Schweizer Martin Fuchs in das abschließende Springen. Er hat heute besonders gute Nerven bewiesen: Sein Leone Jei mag den Einritt nicht. Der Schimmel wurde in das Stadion geführt, Martin Fuchs saß erst im Stadion auf.
Jana Wargers hat aus deutscher Sicht die beste Einzelleistung in den vergangenen Tagen gezeigt, Platz 17. Auf Platz 22 folgt ihr Vorbild Marcus Ehning und auf Rang 54 André Thieme. Christian Ahlmann, der auf Platz 18 liegt, verzichtet auf einen Start im Einzelfinale. Die besten 25 Reiter der vergangenen Tage dürfen im Springen um die Einzelentscheidung an den Start gehen.
51 Sprünge in den Knochen
Der finale Parcours für die Teamwertung hatte es in sich: 17 Sprünge, 14 Hindernisse, die ein oder andere knifflige Distanz auf 550 Metern und eine erlaubte Zeit von 83 Sekunden stellte viele Reiter vor eine Herausforderung. Daniel Bluman aus Israel gelang als 19. Starter die erste fehlerfreie Runde. Nach diesem Parcours haben die Pferde in den vergangenen drei Tagen 51 Hindernisse allein im Parcours gesprungen. Der Tag Pause vor der Einzelentscheidung am Sonntag kommt da wirklich gelegen.
Von Träumen und Zielen
Springreiter Henrik von Eckermann im Portrait
Henrik von Eckermann ist Olympiasieger, Weltmeister, Vater und lebt mit Sohn Noah und Lebensgefährtin Janika Sprunger auf der eigenen Reitanlage. All das hätte man 2020 so nicht schreiben können. Es ist viel passiert im Leben des schwedischen Springreiters. Träume sind wahr geworden. Er ist angekommen, am Ziel ist er aber noch lange nicht.
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